Sobald in einem Doppelsternsystem eines der Geschwister die Phase des Riesensterns erreicht, kann es dazu kommen, dass der expandierte Stern mit dem kleineren Begleiter kollidiert: Die Umlaufbahn des Begleitssterns, nun von der aufgeblähte Hülle umgeben und abgebremst, wird immer enger, bis ein gewaltiger Energieausbruch bis zu 90 Prozent der Masse des Roten Riesen absprengt.

Foto: Keele University

Die Kollision zweier Sterne dürfte an sich schon eine spektakuläre Angelegenheit sein. Ist einer davon auch noch ein sogenannter Roter Riese, dann kann das Ergebnis dieses Zusammenstoßes zu unerwarteten Phänomenen führen. Ein internationales Forscherteam hat kürzlich in einem Doppelsternsystem die Folgen einer solchen kosmischen Kollision beobachten. Nicht nur, dass die beiden beteiligten Sterne das Ereignis überlebten, aus dem Roten Riesen ging dabei auch eine bisher unbekannte Sternenart mit noch nie beobachtete Eigenschaften hervor.

Das Roter-Riese-Stadium leitet das Lebensende eines massearmen Sternes ein. Auch unsere Sonne zählt dazu;  wird sie in rund fünf Milliarden Jahren ihren Vorrat an Wasserstoff für die Kernfusion im Inneren aufgebraucht haben, dann bläht sie sich zu enormer Größe auf und ihre Leuchtkraft nimmt um mehr als das Tausendfache zu. Am Ende schließlich schrumpft der Himmelskörper zu einem sehr kompakten Weißen Zwerg.

Findet ein solcher Prozess in einem Doppelsternsystem statt, kann der kleinere der beiden Sterne mit seinem sich zum Roten Riesen aufblähenden Begleiter kollidieren. Bei dem gewaltigen kosmischen Zusammenstoß können bis zu 90 Prozent der Masse des Roten Riesen verloren gehen. Ein Astronomenteam aus Großbritannien, Deutschland und Spanien konnte anhand eines ungewöhnlichen Überbleibsels eines solchen Zusammenstoßes nachvollziehen, was bei einer Sternenkollision wirklich abläuft.

Kollisionsrest mit ungewöhnlichen Eigenschaften

Eigentlich waren die Forscher auf der Suche nach extrasolaren Planeten, als ihnen der neue exotische Stern sozusagen ins Netz ging. Daraufhin entschieden sich der Projektleiter Pierre Maxted und seine Kollegen, eine Hochgeschwindigkeits-Kamera der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile einzusetzen. Dabei wurde entdeckt, dass die Helligkeit des Objektes auf einzigartige Art und Weise schwankt, was auf Schwingungen des Sterns zurückzuführen ist. Bei einem derartigen Himmelskörper ist dies zum ersten Mal nachgewiesen worden.

Damit konnte die bisherige Kollisionshypothese erhärtet werden: Der Begleitsstern wird allmählich von der aufgeblähte Hülle des Roten Riesen umgeben, was dazu führt, dass der Stern auf seiner Bahn abgebremst wird. Die Umlaufbahn des Begleiters wird daraufhin immer enger, bis ein gewaltiger Energieausbruch bis zu 90 Prozent der Masse des Roten Riesen absprengt. Computersimulationen sagen vorher, dass der Reststern nicht nur sehr leicht geworden ist, sondern auch ungewöhnliche Eigenschaften hat.

Hinweise auf inneren Aufbau

Derartige Sterne sind sehr selten, weshalb das Astronomenteam begeistert war, den Außenseiter zu entdecken. Die Aufnahmen der Hochgeschwindigkeits-Kamera ULTRACAM ergaben winzige Helligkeitsschwankungen - gleichsam als Nachbeben der Kollision. Sie werden von Schallwellen erzeugt werden, die sich durch das Sterninnere ausbreiten. Ähnliche  sogenannte Pulsationen, die unsere Sonne ebenso wie viele Sterne aufweist, durchlaufen regelmäßige Zyklen.

Bei der Sonne wie bei dem nun entdeckten veränderlichen Stern dauert ein solcher Zyklus etwa fünf Minuten. Die Schallwellen gelangen bis tief ins Sterninnere, fast bis zum Sternzentrum. Ähnlich wie Erdbebenwellen zu nutzen sind, um das Erdinnere zu erforschen, lässt sich mit geeigneten physikalisch-numerischen Computermodellen die innere Struktur des Sterns sondieren. Dazu sind noch genauere Messungen nötig, die das Team an der Europäischen Südsternwarte durchführen will.

"Wir haben die beiden Sterne sogar wiegen können", berichtete Ulrich Heber von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). "Dabei kam heraus, dass einer der beiden viel zu leicht ist - ein eindeutiges Zeichen, dass sein Begleiter den größten Teil seiner Masse in einer Kollision fortgerissen hat. Nun können wir herauszufinden, warum Sterne solche Zusammenstöße überhaupt überleben." (red, derStandard.at, 27.06.2013)