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Investiert wurde in den vergangenen Jahren vor allem in Leiner. Kika hingegen schwächelt. Die einstige Marktführung ging in Österreich an Lutz verloren.

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Wien - Herbert Koch war die treibende Kraft. Nach außen hin wies der Miteigentümer von Leiner und Gründer von Kika Spekulationen über einen Verkauf des Möbelimperiums stets empört zurück. Hinter den Kulissen verhandelt er seit drei Jahren mit dem Branchenriesen Steinhoff. Erst sollte es eine 50-Prozent-Beteiligung der Südafrikaner werden. Auch die Option, sich mit einem deutschen Partner zu verflechten und zu expandieren, stand im Raum. Koch drängte jedoch zum Totalverkauf. Nun erfüllt sich sein Wille.

Leiner und Kika sind mitsamt ihrer 73 Einrichtungshäuser und 7500 Mitarbeiter verkauft. Vorbehaltlich der kartellrechtlichen Genehmigung, bei der keine Einwände zu erwarten sind, wird Steinhoff in Österreich hinter Lutz die neue Nummer zwei im Möbelhandel und sichert sich zudem breite Präsenz in Osteuropa.

800 Millionen für Immobilien

Die Südafrikaner erwerben neben den beiden Marken und den operativen Geschäften beinahe alle Immobilien. Sie blättern dafür insgesamt 800 Millionen Euro hin, offiziell ist von mehr als 500 Millionen die Rede.

Fünf Jahre ist es her, seit Koch die Führung des Familienkonzerns seinem Sohn Paul ans Herz legte. Dass dieser dieses Erbe tatsächlich auf Dauer antreten wollte, bezweifelten Unternehmenskenner. Die Gruppe hat die Führungsposition an Lutz verloren. Ihre Möbelhäuser gerieten in die Jahre, was hohe neue Investitionen erfordert. Die Krise in Osteuropa ließ gute Geldquellen versiegen. Viel Kapital der Familie war gefordert, was diese letztlich wohl nicht mehr riskieren wollte. Nach dem Tod des 95-jährigen Konzerngründers Rudolf Leiner 2008 war der Weg frei für die Suche nach Partnern.

"Der Möbelhandel ist global geworden", lässt Koch in einer Aussendung wissen. Kika und Leiner seien mit Steinhoff nun wesentlicher Teil einer Expansionsstrategie. Er freue sich auf ein Paradeunternehmen, ergänzt Steinhoff-CEO Markus J. Jooste. "Wir stehen nicht mit dem Rücken zur Wand", sagt Paul Koch dem Standard. Der Verkauf sei eine Erfolgsgeschichte. Bruno Steinhoff sei schon mit seinem Großvater an einem Tisch gesessen. "Das bildet Vertrauen." Dass die Südafrikaner alle Jobs und Standorte halten wollen, sei kein Lippenbekenntnis.

Verluste bei Kika

Branchenkenner bezweifeln dies. Ob die Südafrikaner in Österreich die schwächelnde Vertriebslinie Kika auf Dauer halten werden, sei fraglich, ist intern zu hören. Künftig müsse Kika für die Filialen zudem Miete bezahlen, was die Renditen belaste. Anders als Leiner verbuchte die Möbelkette jüngst Verluste. An der Zweimarken-Strategie werde nicht gerüttelt, sagt hingegen Paul Koch. Er werde wie das gesamte Management langfristig in der Geschäftsführung bleiben.

Das Schließen einzelner unrentabler Häuser wäre keine Überraschung, meint Christian Wimmer, Chef der Einkaufsverbände Wohn Union und Garant. 500 bis 700 Ar- beitsplätze innerhalb der nächsten zwei Jahre seien bald einmal weg, vor allem in der Verwaltung. Wimmer sieht auch Lieferanten unter Druck geraten. Steinhoff hat ein dichtes Netz eigener Produktionsbetriebe, die einige österreichische Hersteller verdrängen könnten. Bei Kika und Leiner sieht man "gute Synergien im Einkauf".

Intern wird von maximal 15 Prozent an Sortimentsüberschneidungen gesprochen. Diese gebe es primär im Preiseinstiegsbereich.

Steinhoff will sich zum größten europäischen Einrichtungshändler aufschwingen und legt seit Jahren ein rasantes Expansionstempo vor. Mit großen Möbelhäusern hat die Gruppe bisher aber wenig Erfahrung. Sie bewegt sich überwiegend auf Flächen von jeweils bis zu 5000 Quadratmetern. Kika offeriert nicht selten das Vierfache.

15 bis 20 Häuser der Österreicher gelten als renovierungsbedürftig. Steinhoff wird dafür zwischen 100 und 150 Millionen Euro in die Hand nehmen müssen, erwartet Wimmer. Wofür sich die Gruppe in Europa mit einer Anleihe auch schon gerüstet hat. Dass sie sich in Österreich mit dem zweiten Platz zufriedengeben wird, bezweifelt Wimmer.

Lutz - künftig die letzte große europäische Möbelkette in österreichischem Besitz - sieht seine Führungsrolle keineswegs gefährdet. Die Südafrikaner müssten erst den Markt verstehen lernen, sagt Unternehmenschef Thomas Saliger. Er sei gespannt, wie Steinhoff den Deal finanziere: Dies sei letztlich entweder über Preiserhöhungen oder massive Kostensenkungen möglich. "Beides kann nur zu unserem Gunsten sein."

"Kein Verrat"

Der Handel erlebe harte Zeiten. "Kommt die Ebbe, sieht man, wer nackt schwimmt", resümiert der Präsident des Handelsverbands, Stephan Mayer- Heinisch. Dass ein weiterer traditionsreicher Familienkonzern in die Hand internationaler Investoren gerät, sieht er nüchtern. Geänderte Eigentümerstrukturen sagen nichts über das wirtschaftliche Gebaren aus."

Kika/Leiner lasse sich nicht mit gescheiterten Familienbetrieben vergleichen, sagt Koch. "Das hier ist kein Ausverkauf oder Verrat." (Verena Kainrath, DER STANDARD, 27.6.2013)