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Forscher identifizieren Gendefekte und sind auf der Suche nach den Ursachen für seltene Erkrankungen. Mehr Wissen über Zusammenhänge soll die Entwicklung neuer Medikamente ermöglichen.

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Ob Lungenhochdruck, Lupus erythematodes, Glasknochen- oder Schmetterlingskrankheit: 80 Prozent der seltenen Krankheiten sind genetisch bedingt. Die genauen Ursachen sind bis heute nicht geklärt. Aufgrund der geringen Anzahl der einzelnen Erkrankungen und der kostenintensiven Entwicklung von Therapien gibt es zu wenige Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind.

In Österreich leben etwa 400.000 Menschen mit einer seltenen Krankheit, die Hälfte davon sind Kinder. Wissenschaftlich wird das Thema vor allem von Instituten wie dem Zentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften bearbeitet. Kaan Boztug, Kinderarzt am AKH, untersucht hier genetische Immundefekte. Durch Grundlagenforschung hofft man neue Erkenntnisse über Zusammenhänge bei der Entstehung der Krankheiten zu gewinnen. Aber auch die Pharmig, der Verband der pharmazeutischen Industrie, versprach, an Rahmenbedingungen für Arzneimittel für seltene Erkrankungen mitzuarbeiten. Dazu zählt ein Arbeitskreis Rare Disease.

Stärkung der Biotech-Szene

Kürzlich startete nun auch das Wirtschaftsministerium eine Ausschreibung für eine Zehn-Millionen-Euro-Förderung zur Erforschung seltener Krankheiten. Fünf Millionen stehen direkt zur Verfügung, weitere fünf Millionen Euro sollen in Form eines Darlehens vergeben werden. Abgewickelt wird das Programm durch die Forschungsförderungsgesellschaft FFG.

Die Ausschreibung ist Teil eines Aktionsplans zur Stärkung der Life- Sciences in Österreich: Auch in der aktuellen, vierten Ausschreibung im Programm Research Studios Austria, die mit bis zu 16,8 Millionen Euro dotiert ist, wird ein Schwerpunkt "Life-Sciences & Medizintechnologie" gesetzt. Research Studios Austria sind Forschungseinheiten - meist angedockt an bestehende Einrichtungen -, die sich der Anwendung und Umsetzung von Forschungsergebnissen widmen. Anträge können bis 13. 12. dieses Jahres eingereicht werden.

In Österreich sind mehr als 110 Unternehmen mit 23.000 Beschäftigten im Bereich Biotechnologie aktiv. "Die Lebenswissenschaften machen einen wesentlichen Teil der FFG-Projekte aus", betont FFG-Geschäftsführer Klaus Pseiner. Seit dem Jahr 2000 haben die FFG und ihre Vorgängerorganisationen insgesamt rund 420 Millionen Euro in die Life- Science-Forschung investiert, davon entsprechen rund zwei Drittel biotechnologischer Forschung im engeren Sinne.

Forschungsintensive Branche

Von großen Krisen scheint die Biotech-Industrie in Österreich bisher verschont geblieben zu sein. Ihr Umsatz lag laut einer Erhebung des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo bei rund drei Milliarden Euro. Zuletzt meldete jedes Biotechnologie-Unternehmen in Österreich im Durchschnitt 1,9 Erfindungen pro Jahr zum Patent an. Der Biotech-Bereich deckt mit 0,5 Prozent der Beschäftigten 12,5 Prozent der F&E-Aktivitäten der gesamten Industrie ab.

Weitere Schwerpunkte des Aktionsplans Biotech ist daher die bessere Finanzierung von Universitätsausgründungen. Im Rahmen der Jungunternehmeroffensive sind über zwei Fonds, die bei der Austria Wirtschaftsservice (AWS) angedockt sind, langfristig 110 Millionen Euro verfügbar. Das Wirtschaftsministerium will damit mehr Risikokapital für jun- ge Unternehmen zur Verfügung stellen.

Fortgeführt wird auch das neu aufgestellte Seedfinancing-Programm, in dem seit kurzem 50 Prozent der jährlich verfügbaren Mittel für Start-ups der Life-Science-Branche reserviert sind.

Von den circa 30.000 bekannten Krankheiten zählen rund 8000 zu den seltenen Erkrankungen. An neuen Therapien wird laufend geforscht: Seit einer entsprechenden EU-Verordnung wurden 62 Arzneimittel in der Europäischen Union zugelassen, zuletzt waren das Medikamente für die Behandlung von idiopathischer pulmonaler Fibrose (IPF), einer Lungenkrankheit, deren Ursachen unbekannt sind.

In den USA kam zuletzt ein neues Arzneimittel zur Behandlung der schweren Stoffwechselerkrankung zystische Fibrose auf den Markt. (red, DER STANDARD, 26.06.2013)