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Spricht man mit deutschen Kollegen, können die nicht glauben, dass es diesen Plan wirklicht gibt": Daniela Strigl (2. von links) im Kreis der Bachmannpreis-Jury.

Foto: AP Photo/Gert Eggenberger

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Daniela Strigl: "Es ist ganz klar, dass der ORF genug Geld dafür hat, es handelt sich um eine Frage der Prioritäten".

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Wien - Vergangenen Donnerstag wurde bekannt, dass im Rahmen eines ORF- Sparprogramms diverse Kultursendungen von der Absetzung bedroht sind (u. a. dok.film oder das musikprotokoll des Steirischen Herbstes). Seither konzentriert sich die Diskussion über das Sparprogramm, das im Spätherbst endgültig beschlossen wird, vor allem auf den im ORF-Theater Klagenfurt stattfindenden Ingeborg-Bachmann-Preis, der ebenfalls abgeschafft werden soll.

STANDARD: Vor einigen Monaten wurde Michaela Monschein, die langjährige Organisatorin des Bachmannpreises, überraschend abgelöst. Seither gab es Gerüchte, dass dem Bewerb massive Veränderungen drohen. Juryvorsitzender Burkhard Spinnen äußerte sich damals nicht. War man zu passiv?

Strigl: Ich glaube nicht, dass die bedauerliche Ablöse von Michaela Monschein direkt mit der jetzigen ORF-Einsparungsidee zu tun hat. Die Landesdirektion Kärnten, in deren Kompetenz diese Personalfrage fällt, wurde ja ihrerseits nun von der geplanten Totalabschaffung des Bachmannpreises überrascht. Ich glaube nicht, dass man zu defensiv war. Wobei es natürlich auch eine Stilfrage ist, wie weit man so etwas mit dem Juryvorsitzenden bespricht.

STANDARD: Allerdings begann die schleichende Demontage des Bachmannpreises schon vor Jahren, als die Veranstaltung von der letzten Juni- in die erste Juliwoche geschoben wurde.

Strigl: Man hat den Bachmannpreis wohl von Bachmanns Geburtstag (am 25. Juni 1926) in den Juli verlegt, weil man die Juni-Sendeplätze für anderes verwenden wollte. Dass die Quoten für den Bachmannpreis durch die Verschiebung in die Ferienzeit nicht besser wurden, ist klar. Die Krux liegt darin, dass man das Augenmerk, wenn es um ein deklariertes Minderheitenprogramm geht, überhaupt auf die Quote richtet. In einem Quotenprogramm steht die Literatur ohnehin auf verlorenem Posten. Sollte es hingegen um den Kulturauftrag gehen, ist dieser Wettbewerb ein Aushängeschild - für den ORF und für 3sat.

STANDARD: ORF-Generaldirektor Wrabetz fand es gestern "bemerkenswert", für wie viel Aufsehen das mögliche Ende des Bachmannpreises sorgt; andererseits meint er, das letzte Wort sei noch nicht gesprochen. Seine Strategie, eine Diskussion zu entfachen und Geld zu lukrieren, scheint aufgegangen zu sein.

Strigl: Ich weiß ja nicht, was sich Alexander Wrabetz wirklich gedacht hat. Wenn es Kalkül war, dass jetzt alle darüber reden, ist es aufgegangen. Andererseits hat der ORF dadurch sein Renommee beschädigt. Wenn ich als Generaldirektor etwas infrage stelle, von dem alle anderen glauben, ich müsste eigentlich darauf stolz sein, beschädige ich es schon durch das Infragestellen. Spricht man mit deutschen Kollegen, können die es schlicht nicht glauben, dass es diesen Plan wirklich gibt. Ich halte es für bedenklich, dass manche Politiker und ORF- Führungspersönlichkeiten das deutsche Feuilleton brauchen, um zu erkennen, was wir am Bachmann-Wettbewerb haben.

STANDARD: Erstaunlicherweise äußert sich Kulturministerin Schmied bezüglich des Bachmannpreises nur mit den Worten, sie hielte eine Einstellung für "sehr bedauerlich".

Strigl: Ihr nehme ich das Interesse an Literatur jedenfalls ab. Es werden ja jetzt einige Krokodilstränen vergossen. Vielleicht möchte sie die ihr zugedachte Rolle im politischen Erpressungsspiel nicht spielen.

STANDARD: Dass die Diskussion eine Woche vor dem Bachmannpreis losbrach, ist fast ein Glück?

Strigl: Nicht für die Teilnehmer. Aber ich hoffe und glaube, dass man den Bewerb nicht einfach so abdrehen kann. Es ist ganz klar, dass der ORF genug Geld dafür hat, es handelt sich um eine Frage der Prioritäten. Aber die kann man nicht an die Politik delegieren, die muss man selbst setzen. Vielleicht besteht das Kalkül auch darin, eine Sparvariante zu lancieren, bei der dann alle aufatmen, weil die Veranstaltung nicht ganz abgeschafft wurde. (Stefan Gmünder, DER STANDARD, 26.6.2013)