Österreich hat mit wahlkämpferischer Großzügigkeit seine leidvollen Erfahrungen. Die Nacht der großen Geschenke nur Tage vor der Nationalratswahl im Herbst 2008 liegen den öffentlichen Finanzen zum Teil noch heute schwer im Magen.

So toll wie damals treiben es die Regierungsparteien noch nicht. Aber das Hochlizitieren eines Konjunkturprogramms als Reaktion auf die Alpine-Pleite, das vor allem von der SPÖ betrieben wird, erinnert stark an jene chaotische Parlamentsnacht, als Familien, Studenten und vor allem Pensionisten als Ausgleich für die damals steigenden Preise mit finanziellen Gaben überschüttet wurden, die sich der Staat nicht wirklich leisten konnte.

Auch diesmal lassen sich - abgesehen vom Wahltermin - einige sachliche Argumente dafür finden, den Geldhahn aufzudrehen. Das Wachstum ist schwach, die Arbeitslosigkeit steigt, und die jüngsten Insolvenzen und Unternehmenskrisen - Niedermeyer, Dayli, Alpine - vergrößern die Zahl der Jobsuchenden noch weiter.

Doch ein Konjunkturpaket ist, darin stimmen die meisten Ökonomen überein, die falsche Antwort auf diese Probleme. Für klassisches Deficit-Spending sind die Staatsschulden einfach zu hoch, abgesehen davon, dass die EU-Regeln einer expansiven Fiskalpolitik im Wege stehen. Österreichs Wirtschaftserfolg ist vor allem von Exporten abhängig, auf die man im Inland keinen Einfluss hat. Und eine Stärkung der Kaufkraft bringt nichts, wenn nicht gleichzeitig Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden.

Gerade die Pleite des Großarbeitgebers Alpine muss nicht zwingend zu mehr Arbeitslosen führen, wenn ein Weg gefunden wird, dass die bestehenden Baustellen ohne große Verzögerungen von anderen Baukonzernen übernommen werden. Hier könnte der Staat helfen, ohne dass es den Steuerzahler etwas kostet.

Aber wenn man die aktuelle Debatte über die Konjunkturprogramme verfolgt, kommen die Zweifel, dass hier je sehr viel Geld fließen wird. Es werden nicht nur Finanzierungsquellen wie die Erlöse aus der Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen mehrfach verkauft, sondern auch die Projekte selbst. Was die SPÖ als Reaktion auf den Alpine-Konkurs vorschlägt, ist ein Neuaufguss der Wohnbauoffensive, mit der sie schon seit Monaten auf die steigenden Mieten reagieren will. Eine Ankurbelung des Wohnbaus ist sicherlich sinnvoll; aber das wäre keine kurzfristige Konjunkturmaßnahme, sondern ein Beitrag zur Vermeidung sozialer Spannungen. Und Wirkung zeigen solche Programme immer nur längerfristig.

Teure Beschlüsse kurz vor dem Wahltermin sind daher aus zweifachem Grund verfehlt: Weder verbessern sie die Wachstums- und Arbeitsmarktdaten in den nächsten Monaten, noch bringen sie am Wahltag zusätzliche Stimmen. Zumindest bei den letzten Urnengängen hat sich solche späte Largesse nicht ausgezahlt.

Und alles Geld, das jetzt noch schnell in Ziegel, Beton und Asphalt fließt, fehlt, wenn es um Investitionen in zukunftsträchtige Bereiche geht. Würden Werner Faymann und Michael Spindelegger heute 500 Millionen Euro mehr für Universitäten und Forschung verkünden, dann wäre ihnen der Applaus der Experten sicher. Mit einer Bildungsoffensive lässt sich bekanntlich keine Wahl gewinnen. Doch da andere Zuckerln dem Wähler auch nicht besser schmecken, könnte die Regierung gleich das Richtige tun. (Eric Frey, DER STANDARD, 25.6.2013)