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Spindelegger sieht sich als "Wirtschaftskapitän der Regierung".

Foto: AP/Zak

Wien - Nach zwanzig Minuten war es zuviel: Sie verbitte sich in den kommenden Minuten das Wort "Entfesselung" betonte ORF-Moderatorin Patricia Pawlicki am Sonntag in der Pressestunde. Michael Spindelegger, ÖVP-Chef und allem Anschein nach bereits im Vorwahlkampffieber, fiel es sichtlich schwer auch nach der Rüge auf sein neues Lieblingswort zu verzichten. Er wolle schließlich eine "Entfesselung der Wirtschaft", wie er mehrmals betonte.

So wie Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) einmal bei einer Diskussion verkündet hatte, sie sei "doch der einzige Mann in dieser Regierung", hat nun auch Spindelegger seine Rolle gefunden: Er sieht sich als "Wirtschaftskapitän der Regierung". Und als solcher griff er Kanzler Werner Faymann (SPÖ) hart an. Nachdem der Vizekanzler gemeinsam mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) vergangene Woche versprochen hatte, hundert Millionen Euro aus Rücklagen für wirtschaftsbelebende Bauprojekte einzusetzen, erhöhte Faymann am Samstag umgehend auf 500 Millionen für ein Extra-Konjunkturpaket.

"Nicht seriös"

Spindelegger zeigte sich darüber verärgert: "Ich werde nicht in einen Wettbewerb mit der SPÖ treten, wer mehr Geld der Steuerzahler hinauswirft", sagte er. "Es ist nicht seriös Zahlen zu nennen, ohne zu sagen, woher das Geld kommen soll. Hätte ich zu Beginn 500 Millionen gesagt, hätte Faymann vermutlich mit fünf Milliarden gekontert."

Eine mögliche Finanzierung wirft jedenfalls einige Fragen auf: Faymann hatte angekündigt, die Finanzierung der 500 Millionen - also in den kommenden drei Jahren 1,5 Milliarden Euro - mittels "Rücklagen aus allen Bereiche" aufzustellen, wie etwa aus "Rücklagen und Erlösen aus Mobilfunk-Frequenzversteigerungen". Die Schwerpunkte des "Baupakets für Arbeitsplätze" seien ein Konjunkturpaket Wohnen, Ausbau der Kinderbetreuung, Maßnahmen im Bereich Pflege und der Ausbau der Bahn und die Tunnelsicherheit.

Dass das Geld aus Mobilfunk-Frequenzversteigerungen für den Wohnbau verwendet werden soll, hatte Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) bereits im Vorfeld vorgeschlagen. Es sei aber beides nicht möglich, konterte wiederrum Spindelegger, der in der Pressestunde erneut den Kanzleranspruch stellte: Die Mittel seien bereits für die Budgetsanierung bis 2016 verplant. Wie die SPÖ hier agiere, sei "absolut nicht seriös", sagte Spindelegger. "Ich kann nicht sagen, wir bauen als Staat neue Wohnungen, mit Geld, das wir nicht haben." Dennoch strebe er eine Einigung innerhalb der Koalition an, im Ministerrat am Dienstag soll eine politische Lösung verkündet werden. "Wir werden uns einigen, aber nicht auf 500 Millionen Euro, weil es jemand sagt."

Keine Koalitionsansage

Er sei für neue Arbeitsplätze, aber gegen neue Steuern, beeilte sich der ÖVP-Chef zu versichern. Eine Steuerreform - inklusive 7000 Euro Familien-Freibetrag - sei möglich, allerdings erst, "wenn ich den Staat wieder auf solide Beine gestellt habe". Die ebenfalls umstrittene und für nach der Wahl versprochene Erhöhung der Familienbeihilfe sei dagegen "gut unterlegt mit den Einnahmen des Familienlastenausgleichsfonds".

Eine solche Erhöhung würde allerdings vorraussetzen, dass SPÖ und ÖVP wieder gemeinsam  regieren. Eine solche Koalitionsansage wollte Spindelegger jedoch nicht machen. Er schloss weder die SPÖ, noch die Grünen oder das Team Stronach als künftige Partner aus. Auch zu kolportierten parteiinternen Rochade-Szenarien - etwa dass Reinhold Mitterlehner bei einer weiteren Großen Koalition das Finanzministerium von Maria Fekter übernehmen könnte und er selbst das Wirtschaftsressort – wollte sich der Vize-Kanzler nicht äußern. Er wolle als Bundeskanzler am Ende mit dem Partner die Ressortverteilung verhandeln. (Saskia Jungnikl, derStandard.at, 23.6.2013)