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"Ich werde das zu Ende bringen": Griechenlands Premier Samaras (auf dem Bildschirm) glaubt, mit nur noch einem Partner den Streit um die Schließung des Staatssenders ERT und den Rest der Amtszeit durchstehen zu können.

Foto: Reuters/Kolesidis

Athen/Istanbul - Drei Stimmen Mehrheit hat er noch, drei Jahre Amtszeit liegen noch vor ihm. "Und die werde ich zu Ende bringen", sagte Antonis Samaras trotzig. Griechenlands Premier hat am Freitag einen Koalitionspartner verloren. Ein Jahr und einen Tag nach seiner Angelobung zum Regierungschef ist Samaras der Kapitän eines leckgeschlagenen Schiffes. Denn auch die Pasok, sein anderer Partner, ist ein Risiko geworden und eine Partei im Zustand der Auflösung.

Der Chef der kleinen Demokratischen Linken, Fotis Kouvelis, schlug seiner Fraktion den Austritt aus der Regierung vor. In der Nacht auf Freitag, nach dem dritten Krisentreffen der Koalitionsspitze in einer Woche, hatte der Altlinke Kouvelis verärgert den Sitz des Premiers verlassen. "Unannehmbar" sei die Haltung des Regierungschefs, schimpfte Kouvelis. Die Koalition stritt über die Schließung des Staatssenders ERT und die Entlassung von 2650 Angestellten - eine einsame Entscheidung von Antonis Samaras.

Zwei Minister verabschieden sich

Der konservative Regierungschef war bereit, einen öffentlichen Sender wieder ans Netz gehen zu lassen, nicht aber die als aufgebläht und zu teuer geltende Elliniki Radio Tileoreasi. Einen solchen Weg akzeptierte auch das oberste Verwaltungsgericht; es hatte noch zu Wochenbeginn in einer ersten Entscheidung die Schließung der ERT für unzulässig erklärt.

Die Demokratische Linke zieht nun ihre zwei parteinahen Minister aus der Regierung ab - Justizminister Antonis Roupakiotis, der als liberales Gegengewicht zum Polizeiminister der konservativen Nea Dimokratia, Nikos Dendias, galt; und Antonis Manitakis, den Minister für Verwaltungsreformen, der die von Griechenlands Kreditgebern geforderte Massenentlassung von Beamten bremste. Neuwahlen gelten in Athen derzeit gleichwohl als unwahrscheinlich. Zu groß ist die Furcht vor einem Wahlergebnis, bei dem Samaras und seine Nea Dimokratia vielleicht nochmals zur stärksten Kraft werden, aber ohne Mehrheit und Partner, während die linksgerichtete Syriza und die Faschisten der Partei Goldene Morgenröte ihren Siegeszug fortsetzen.

Sparkurs geht weiter

Sowohl Kouvelis als auch Sozialisten-Chef Evangelos Venizelos, dessen Autorität in der Pasok geschwunden ist, werden deshalb wohl weiter den Sparkurs der Regierung Samaras unterstützen, ebenso wie die mittlerweile zahlreichen aus den Fraktionen ausgeschlossenen unabhängigen Abgeordneten im Parlament.

"Es gibt einen eklatanten Mangel an moralischer Legitimität und an Gerechtigkeit", stellte der Athener Verleger Harris Ikonomopoulos schon vor dem Koalitionskrach um die ERT mit Blick auf Regierung und Parteiensystem fest. Syriza wiederum, das groß gewordene linke Parteienbündnis von Alexis Tsipras, gefalle sich in seiner negativen Rolle. "Sie hatten zu wenig Zeit, um korrupt zu werden", meinte Ikonomopoulos ironisch im Gespräch mit dem Standard; er hatte Ende 2012 eine halbe Million Euro in den Neustart der linken Tageszeitung Eleftherotypia gesteckt.

Regierungsstil für Krise verantwortlich

"Es war abzusehen, dass diese Koalition in Schwierigkeiten kommt", erklärt der Athener Politikberater John Loulis. Weder Pasok noch die Demokratische Linke hatten sich mit politischen Schwergewichten im Kabinett engagiert. Loulis macht aber vor allem Samaras' Regierungsstil für die Krise verantwortlich. Samaras habe mit seiner Entscheidung für die ERT-Schließung nicht allein überreagiert unter dem Druck der Kreditgeber: "Er ist sehr arrogant geworden. Er hat seine Koalitionspartner in die Enge getrieben, und jetzt kann er nicht mehr zurück." (Markus Bernath, DER STANDARD, 22.6.2013)