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Das Hirn nicht nur von außen betrachten (hier: Ausstellung in Belgien) ...

Foto: REUTERS/Francois Lenoir

... sondern auch besser verstehen: Das 3-D-Modell BigBrain wurde auf Basis hauchdünner Gewebeschnitte errechnet.

Foto: Amunts, Zilles, Evans et al.

Washington – Das Gehirn gehörte einer Frau, bei der keine neurologischen oder psychologischen Auffälligkeiten bekannt waren. Sie war 65, jung genug, um keine neurodegenerative Störung aufzuweisen - ein "gesundes Hirn" also, ein "Normalhirn". Und jetzt ist es im Computer: Ein fünf Jahre andauernder "Kraftakt" war laut der beteiligten Forscher nötig, um das menschliche Denkorgan in ein virtuelles 3-D-Modell überzuführen, das genauer und hochauflösender als jedes zuvor ist.

Das Modell "Bigbrain", das von einer deutsch-kanadischen Forschergruppe um Katrin Amunts vom Institut für Neurowissenschaften und Medizin des Forschungszentrums Jülich erstellt wurde, soll ein neues "Referenzgehirn" sein. Bisherige Modelle, die mittels Magnetresonanztomografen (MRT) erstellt wurden, hatten eine typische Auflösung von etwa einem Millimeter. Bigbrain dagegen ist etwa 50-mal so genau, berichten die Forscher im Fachblatt Science. Erkenntnisse bis auf eine zelluläre Ebene sollen möglich werden.

Umständliche Prozedur

Um an derart genaue Daten zu kommen, war eine umständliche Prozedur notwendig: Gehirnteile wurden in Paraffinwachs eingebunden und dann mit einem Schneidegerät für mikroskopische Präparate, einem Mikrotom, in hauchdünne Gewebescheiben geschnitten. "Hauchdünn" bedeutet hier etwa 20 Mikrometer, was etwa der Größe einer Nervenzelle oder weniger als der Hälfte eines Haardurchmessers entspricht.

7400 dieser Schichten wurden dann auf Folien aufgezogen, eingefärbt und in einem Scanner hochauflösend digitalisiert. Die Bilder mussten dann korrigiert, Risse, Falten ausgebessert werden, bevor sie mittels Großrechnern zu dem 3-D-Modell verarbeitet werden konnten. Die Datenmenge des Modells liegt im Terabytebereich und ist damit 100.000-mal größer als MRT-Daten des ­Gehirns.

Das künftig öffentlich zugängliche Bigbrain soll "Einsichten in die neurobiologische Basis von Kognition, Sprache, Emotionen" liefern, so die Forscher. Krankheiten wie Alzheimer sollen mit dem Referenzgehirn besser verstanden werden. Und Bigbrain ist ein weiterer Schritt zu einer künftigen Simulation des Gehirns auf molekularer Ebene, wie es das europäische Großprojekt "Human Brain Project" plant. (pum, DER STANDARD, 21.6.2013)