Graz/Wien - Donnerstag beschloss die steirische Landesregierung, ihren Beamten Wolfgang Riedler "zuzuweisen" – der Wiener Zeitung nämlich. Ab Juli soll der frühere Grazer SPÖ-Chef und Stadtrat Riedler Karl Schiessl ablösen und die Tageszeitung der Republik führen. Schiessl, früher VP-Manager im Burgenland, wehrt sich in einem Brief an Kanzler Werner Faymann, den Eigentümervertreter.

Riedler habe nicht die in der Ausschreibung geforderte Qualifikation, grob: Erfahrung in der Führung von Medien- oder vergleichbaren Unternehmen. "Ich ersuche daher um Verständnis, dass ich diese Entscheidung mit allen rechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln überprüfen lassen muss." Die "Vorgänge rund um die Stellenbesetzung" würden einer „ Überprüfung durch unabhängige Behörden und Gerichte, aber auch durch den Rechnungshof keinesfalls standhalten."

Riedler weist den Vorwurf mangelnder Qualifikation auf Anfrage so zurück: Er habe etwa als Finanzstadtrat „aktiv Managementfunktionen" ausgeübt, sei "beruflich in verschiedenen wirtschaftlichen Funktionen tätig" gewesen.

"Massive Bedenken"

Schiessl beschwert sich beim Kanzler, ihm wären für Riedlers Engagement Verträge vorgelegt worden, gegen die er "massive ­Bedenken aus rechtlicher und auch aus materiell-wirtschaftlicher Sicht" habe.

Riedler wolle steirischer Landesbeamter bleiben – und sich nicht nach dem Mustervertrag für rechnungshofgeprüfte Firmen anstellen lassen. Das bringe ihm höheres Einkommen, die Dienstzeit würde "für seine Beamtenpension berücksichtigt". Für eine Zuweisung des Landes liege "keine der Voraussetzungen" vor. Die  Zuweisung und einen "Geschäftsführungsvertrag" nennt Schiessl einen "unsanierbarer Mangel", ein "Feigenblatt". Das Land könne Riedlers Zuweisung binnen drei Monaten grundlos zurücknehmen – und damit faktisch den Zeitungsmanager abberufen.

Nach Ansicht Schiessls liegt "keine der Voraussetzungen" für eine Zuweisung Riedlers seitens des Landes vor, schreibt er. Schiessl warnt auch, würde Riedler zugewiesen, hätte das Land bei der "übertragenen Diensthoheit" über Riedler ein Weisungsrecht gegenüber der Wiener Zeitung.

Tantieme "ein Geschenk"

Riedler solle laut Vertrag eine „Tantieme" erhalten, wenn er die Liqudidität der Zeitung wahre. Schiessl sagt, er habe in 15 Jahren mehr als 20 Millionen Euro freie Rücklagen aufgebaut. Das Risiko von Illiquidität sei „gleich Null", die Tantieme also „ein Geschenk".

Die  Verträge hält Schiessl für "rechtswidrig", sie liefen Interessen von Zeitung und Republik „glatt zuwider". Sie zu unterschreiben, müsste ihm der Kanzler schriftlich anweisen.

Riedler erklärt, mit dem Zuweisungsantrag wäre das Engagement nun möglich. Er erhalte keine Abfertigung, keine ASVG-Versicherung, habe gegenüber seinen Gehaltsvorstellungen in der Bewerbung zurückgesteckt und verdiene weniger als  Schiessl derzeit. (Harald Fidler, DER STANDARD, 21.6.2013)