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Ben Bernanke sorgt für Unruhe an den Finanzmärkten.

 

Foto: AP/Richard Drew

Frankfurt - Die Aussicht auf ein Ende der Geldschwemme in den USA hat den Finanzmärkten ordentlich zugesetzt. Aktien, Anleihen und Rohstoffe gingen weltweit auf Talfahrt. Lediglich der US-Dollar verbuchte satte Gewinne.

Ausgelöst wurde der Ausverkauf an den Märkten von US-Notenbankchef Ben Bernanke. Er hatte am Mittwochabend angekündigt, die Notenbank Fed könnte ihren extrem laxen geldpolitischen Kurs noch in diesem Jahr verlassen und ihre milliardenschweren monatlichen Anleihekäufe bis Mitte kommenden Jahres beenden. Etliche Investoren waren überrascht von dieser ungewöhnlich deutlichen Ansage. "Bernanke hat sich sehr klar ausgedrückt, und ich kann mir vorstellen, dass einige Leute auf einen nicht ganz so eindeutigen Hinweis in Richtung steigende Zinsen gehofft hatten", sagte Luca Jellinek von Credit Agricole. "Das war schon ein Schock."

Der DAX rutschte unter die 8.000-Punkte-Marke, er verlor bis zum Nachmittag 2,9 Prozent auf 7.962 Zähler. Vor etwa einem Monat hatte der deutsche Leitindex noch auf einem Rekordhoch von 8.557,86 Zählern notiert. Der EuroStoxx50 gab zeitweise 2,8 Prozent nach. In Asien ging es ebenfalls bergab; der Nikkei-Index schloss 1,7 Prozent schwächer. Der Wiener Leitindex ATX lag kurz nach 15 Uhr um 1,81 Prozent tiefer bei 2.338 Zählern.

Schwellenländer stark betroffen

Besonders heftig sanken die Kurse in den Schwellenländern, wo die Börsen in den vergangenen Monaten überdurchschnittlich von der durch die Notenbanken verursachte Liquiditätsschwemme profitiert hatten. Der MSCI-Aktienindex für die Schwellenländer fiel bis zu 3,4 Prozent auf ein Elf-Monats-Tief. Sein Pendant für aufstrebende europäische Staaten gab bis zu 4,8 Prozent nach und notierte so niedrig wie zuletzt Anfang Juni 2012.

Für die Wall Street zeichnete sich ein schwacher Handelsstart ab, nachdem die Kurse bereits am Mittwoch unter Druck geraten waren.

Die Geldschwemme der Notenbanken hatte die Börsen über Monate nach oben getrieben, das billige Geld war vor allem in Aktien geflossen. Bis Ende Mai waren Dax, Dow und Nikkei von einem Höchststand zum nächsten geeilt.

Schwung für Investitionen

Derzeit kauft die US-Notenbank Fed monatlich für 85 Mrd. Dollar (63,4 Mrd. Euro) Staats- und Immobilienpapiere. Auch die Bank von Japan schleust riesige Summen ins Finanzsystem - in der Hoffnung, dass die Banken mehr Kredite an die Wirtschaft vergeben und so die Investitionen ankurbeln. Die EZB denkt derzeit über eine weitere Zinssenkung und den Einsatz neuer, unorthodoxer Instrumente im Kampf gegen Rezession und Kreditklemme nach.

Nachdem Fed-Chef Bernanke für die weltweit liquideste Währung die Weichen nun neu gestellt hat, gerieten am Donnerstag auch die Preise für Edelmetalle in den Abwärtsstrudel. Mit einem Ende der Geldflut in den USA dürften die Inflationsängste für die weltgrößte Volkswirtschaft etwas schwinden. Somit fällt ein wichtiges Argument für die Gold- oder Silberanlage fort. Gold verbilligte sich um bis zu 3,4 Prozent und notierte auf dem niedrigsten Niveau seit Ende September 2010. Der Silberpreis brach um fast sechs Prozent ein.

Der Dollar gewann dagegen quasi über Nacht spürbar an Attraktivität. Zu einem Korb aus sechs Währungen legte er 0,7 Prozent zu. Der Euro fiel bis auf 1,3178 Dollar zurück, den niedrigsten Stand seit neun Handelstagen. Am Dienstag hatte er noch ein Vier-Monats-Hoch von 1,3418 Dollar geschafft.

Staatsanleihen unter Druck

Unterdessen macht der neue US-Kurs auch den europäischen Staatsanleihen zu schaffen. Allen voran gerieten die Papiere der Sorgenländer Spanien und Italien unter Druck - aber auch Bundesanleihen mussten Federn lassen. Der Bund-Future - richtungsweisender Gradmesser der Eurozone - brach um 1,49 Punkte auf ein Vier-Monats-Tief von 141,95 Punkten ein. "So wie die USA in früheren Zeiten gerne mal die Rolle des Weltpolizisten eingenommen haben, besitzt die Fed heute mehr denn je die Gabe, die Welt-Finanzmärkte zu beeinflussen", stellte die Metzler Bank in Frankfurt fest.

Neben der angekündigten geldpolitischen Straffung in den USA bereiteten auch Konjunkturdaten aus China den Anlegern Bauchschmerzen. Der stark beachtete HSBC-Einkaufsmanagerindex für den Industriesektor sank auf 48,3 Punkte von 49,2 Punkten im Mai. Damit entfernte sich der Index weiter von der Wachstumsschwelle bei 50 Punkten. Die Daten entfachten neue Ängste vor einer deutlichen Konjunkturabkühlung in der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft. Dadurch gerieten die Rohstoffmärkte stark unter Druck. US-Öl der Sorte WTI verbilligte sich um 1,5 Prozent, europäisches Brent-Öl um 1,7 Prozent. Auch Kupfer, Aluminium und Nickel wurden deutlich niedriger gehandelt. (APA, 20.6.2013)