Bild nicht mehr verfügbar.

Stadttiere verhalten sich oft anders als ihre Artgenossen auf dem Land - deutsche Forscher stellten diesen Effekt nun auch bei Amseln fest.

Foto: APA/EPA/ATTILA KOVACS

Radolfzell - Stadtvögel verhalten sich anders als ihre Artgenossen auf dem Land. Kürzlich zeigte eine Studie, dass Vögel in einer belebten urbanen Umgebung einen anderen Tagesrhythmus haben und insgesamt weniger schlafen (wir berichteteten). Und vor einigen Jahren sorgten Beobachtungen für Erstaunen, dass Stadtvögel künstliche Geräusche wie Handy-Klingeltöne gesanglich zu imitieren versuchen.

Stadtluft macht vorsichtig

Nun haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Radolfzell einen weiteren Verhaltensunterschied herausgefunden. Stadtvögel sind demnach tendenziell vorsichtiger: Die beobachteten Tiere warteten beispielsweise deutlich länger ab als Waldvögel, bis sie sich neuen Gegenständen näherten, sagte die Erstautorin der Studie, Catarina Miranda. Außerdem ließen sie sich auch länger vom Fressen abhalten, wenn fremde Gegenstände vor ihrer Futterstätte lagen.

Für die Studie konfrontierten die Forscher mehrere Stadt- und Landamseln einige Monate lang immer wieder mit unbekannten Gegenständen. Die Tiere seien kurz nach dem Schlüpfen aus dem Nest der Eltern genommen und von Hand aufgezogen worden, sagte Miranda. Daher lege die Studie nahe, dass es sich bei den Unterschieden zwischen den beiden Populationen nicht um erlernte, sondern um angeborene Verhaltensweisen handle.

Die genaue Ursache dafür sei aber noch nicht klar, ergänzte Miranda. "Möglicherweise müssen Amseln in der schnelllebigen Stadtwelt permanent mit neuen Situationen zurechtkommen, wohingegen das Landleben mit seinen gleichförmigeren Abläufen verlässlichere Lebensbedingungen bietet." Die Evolution scheine im Laufe der Besiedlung von Städten bestimmte Persönlichkeitstypen begünstigt zu haben.

Kein Einzelphänomen

Das Leben in den Städten verändert jedoch nicht nur das Verhalten von Amseln: Das Phänomen ist weltweit bei Wildtieren zu beobachten. Die Forscher des Max-Planck-Instituts werteten im Rahmen ihrer Studie weitere verfügbare Erkenntnisse zu Unterschieden zwischen Stadt- und Landpopulationen verschiedener Tierarten aus. Das Ergebnis: In 27 von 29 analysierten Studien zu verschiedenen Arten verhielten sich die Tiere in Stadt und Land unterschiedlich gegenüber neuen Reizen, sagte Miranda. "Dies scheint also ein globales Phänomen zu sein." (APA/red, derStandard.at, 22. 6. 2013)