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Sozialminister Rudolf Hundstorfer (Vordergrund) und Alpine-Betriebsratschef Hermann Haneder wollen vielen Betroffenen durch Arbeitsstiftungen helfen.

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Tausende Arbeitsplätze in Österreich wackeln. Mit der Pleite der Alpine steht die größte Insolvenz seit der A-Tec-Pleite an.

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Wals/Wien - Alpine Bau ist pleite. Die Sanierungsbemühungen für den zweitgrößten heimischen Baukonzern sind gescheitert, wie der Konzern bereits am Dienstag angekündigt hatte. Laut Kreditschützern ist über die Alpine Bau GmbH die Insolvenz am Handelsgericht Wien eröffnet worden. Zum Masseverwalter wurde der Wiener Rechtsanwalt Stephan Riel bestellt. Geschätzt wird, dass die Alpine mit 1,9 Milliarden Euro überschuldet ist. Tausende Arbeitsplätze sind gefährdet, 8.000 Gläubiger sind betroffen.

Angst um den Arbeitsplatz

"Was wir an Reparaturmaßnahmen einleiten konnten, ist eingeleitet", so Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ). Die Mitarbeiter seien nach der Insolvenzeröffnung nun 30 Tage lang vor Kündigungen geschützt. Eine Unbekannte bei der Alpine-Insolvenz seien die 1.300 Zulieferfirmen, die je nach Abhängigkeit von der Alpine selbst in die Insolvenz schlittern könnten, so Hundstorfer.

Im Betrieb ist die Lage heikel. "Es herrscht Nervosität. Keiner weiß, wer gehen muss und wer bleiben kann", sagte eine Mitarbeiterin der Salzburger Zentrale. Von der Insolvenz nicht betroffen sind die Alpine-Energie AG, die Hazet und die Alpine Bemo Tunneling GmbH. Dort sind knapp 1.500 der 7.500 Mitarbeiter beschäftigt. "Es gibt bei der Alpine Nischen, die sehr gut funktionieren", sagt ein Projektleiter.

Quote von 20 Prozent angestrebt

Doch das Kerngeschäft krankt. Die erste Gläubigerversammlung findet am 4. Juli 2013 statt. Betroffene können ihre Forderungen bis zum 16. August anmelden. Zuvor hieß es von den Kreditschützern, dass eine Quote von 20 Prozent angestrebt wird, zahlbar binnen zwei Jahren. Aber auch für die Arbeitnehmer tut sich etwas. Der Insolvenzentgeltfonds (IEF) hat sich laut eigenen Angaben bereits gerüstet. "Die Mittel sind gesichert", sagte IEF-Chef Wolfgang Pfabigan am Mittwoch. Der Fonds wird von Arbeitgeberbeiträgen gespeist.

Porr am Österreich-Geschäft interessiert

Eine gute Nachricht für die österreichischen Arbeitnehmer kommt vom Alpine-Konkurrenten Porr. "Wir könnten Aufträge und bis zu 4.500 Mitarbeiter übernehmen," damit ließ Porr-Chef Karl-Heinz Strauss im ORF-Radio aufhorchen. Allerdings will er nicht sehr lange damit warten, andernfalls wären die Auftragnehmer verunsichert und sprängen samt der Mitarbeiter ab. Das Auslands-Geschäft interessiert ihn nicht.

"Die Porr steht bereit, das gesamte Österreich-Geschäft der Alpine oder Teile davon zu übernehmen", so Strauss auch im Wirtschaftsblatt.

2,6 Milliarden Euro Schulden

Trotz intensiver Bemühungen des Eigentümers sei es nicht gelungen, die Alpine-Gruppe zu sanieren, hieß es. Der spanische Mutterkonzern FCC, der schon 700 Millionen Euro in die Alpine gesteckt hat, schießt kein Geld mehr zu. Aktiva von 661 Millionen Euro stehen Passiva von 2,6 Milliarden Euro gegenüber, erklärten der Kreditschutzverband von 1870, der Alpenländische Kreditorenverband und die Creditreform.

Beantragt wird ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung. Die Fortführung des Unternehmens und die Sanierung werden beabsichtigt.

"Glück im Unglück"

Insgesamt beschäftigt die Alpine in Österreich rund 7.500 Mitarbeiter. Dazu rechnet Hundstorfer damit, dass eine Auffanggesellschaft 4.000 Personen weiterbeschäftigen wird. Die Alpine Bau GmbH alleine beschäftigt 6.480 Mitarbeiter, die gesamte Alpine-Gruppe rund 15.000 im In- und Ausland. Ein Drittel der heimischen Alpine-Mitarbeiter sind Angestellte, zwei Drittel Arbeiter.

Für die Betroffenen sollen Arbeitsstiftungen eingerichtet werden. Dort können arbeitslos gewordene Personen im Falle von Qualifizierungsmaßnahmen bis zu 4 Jahre lang Arbeitslosengeld beziehen.

Als "Glück im Unglück" sieht Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP), dass die Insolvenz in den Sommermonaten stattfindet. Angesichts der offenen Baustellen steige so die Chance für Übernahmen und damit auch für die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter.

In Österreich verschuldet

Auch bei den heimischen Banken steht die Alpine in der Kreide. Derzeit hat der Baukonzern bei seinen rund 50 österreichischen und internationalen Gläubigerbanken Kredite von rund 450 Millionen Euro offen. Hinzu kommen Leistungsgarantien in nicht genannter Höhe.

Die Republik Österreich - und damit der Steuerzahler - haftet zu 50 Prozent für Kredite in der Höhe von 300 Millionen Euro, hängt also mit 150 Millionen Euro drin. Es handelt sich um zwei sogenannte Konsortialkredite österreichischer Institute. Das Büro von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) äußert sich dazu knapp: "Das hängt von der Quote ab, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht feststeht."

Sollte die 20-Prozent-Quote kommen, dürfte der Steuerzahler 120 Millionen Euro der 150 Millionen Euro verlieren. Die Haftungen des Bundes werden von der Kontrollbank (OeKB) abgewickelt.

Insolvenzverwalter prüfen Konzept

Auf Grundlage eines von Restrukturierungsberatern erstellten Konzeptes soll nun versucht werden, einen Teil des Konzerns und der damit verbundenen Arbeitsplätze zu retten. Dem Sanierungsvorschlag von Alpine Bau zufolge sollen die überlebensfähigen Bereiche ausgegliedert und zu einem neuen Baukonzern geschmiedet werden. Nach diesem Konzept sollen 4.600 Mitarbeiter ihren Job behalten können.

Einen möglichen Weg zeigt auch der Chef der Gewerkschaft Bau/Holz, Josef Muchitsch, auf. Eine Auffanggesellschaft, die Übernahme der Alpin-Anteile bei gemeinsamen Projekten durch andere Bau-Unternehmen sowie die Übernahme einzelner Alpine-Sparten durch Investoren könnten die Schmerzen lindern.

Gigantische Ausmaße

Der Handel mit den Unternehmensanleihen der Alpine Holding GmbH wurde am Mittwoch ausgesetzt. Die Alpine hat drei Unternehmensanleihen im Volumen von 290 Millionen Euro auf dem Markt. Die Anleihen haben eine Laufzeit von fünf Jahren und sind mit 5,25 beziehungsweise 6 Prozent hoch verzinst.

Die Pleite der fast 50 Jahre alten Alpine könnte die größte der Zweiten Republik werden. Den bisher mit Abstand größten Konkurs hatte die Konsum-Firmengruppe mit Passiva in Höhe von rund 1,9 Milliarden Euro hingelegt. Dahinter folgten A-Tec mit einer Milliarde Euro und der Maculan-Konzern mit 800 Millionen Euro. (APA/red, derStandard.at, 19.6.2013)