Ausspeisung von Asylwerbern in einem Caritas-Notquartier. Grundversorgte Flüchtlinge erhalten Essen und Unterkunft meist in Naturalien, die dafür aufgebrachte Summe ist vergleichsweise gering.

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Wien - Die Grundbedürfnisse der Menschen seien gleich, egal, ob es sich um Hiesige oder Flüchtlinge handelt, betont Heinz Patzelt. Daher müsse jenes Urteil des deutschen Verfassungsgerichts, das Asylbewerbern gleich viel Geld wie Langzeitarbeitslosen und Sozialhilfeempfängern zuerkennt, "eigentlich ein Alarmzeichen für die österreichischen Asylbehörden sein", sagte der Generalsekretär von Amnesty in Österreich bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit der Caritas am Dienstag.

Anlässlich des Weltflüchtlingstags am Donnerstag stellten Vertreter der beiden großen NGOs im Kellergewölbe unterhalb eines Caritas-Flüchtlingshauses im Wiener 15. Bezirk "dringende Forderungen zur Verbesserung des österreichischen Asylwesens". Darunter, neben vielen anderen, auch jene nach Erhöhung der Grundversorgungsleistungen.

Regelung in Deutschland verfassungswidrig

Diese betragen pro Asylwerber derzeit maximal 360 Euro im Monat für Unterkunft, Essen und Taschengeld, plus einmal jährlich 70 Euro für Kleidungskauf. Während Bezieher von bedarfsorientierter Mindestsicherung monatlich laut aktuellem Stand mindestens 794,91 Euro erhalten.

Auch in Deutschland hatten Asylbewerber bis vergangenen Juli weniger Geld als Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger laut dem sogenannten Hartz-IV-Regelsatz kassiert - konkret um 35 Prozent. Bis das Höchstgericht dies unter Hinweis auf die Würde des Menschen als verfassungswidrig befand. Auch Asylbewerber hätten das Recht auf Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Die Folge: Seit Anfang 2014 erhalten Asylbewerber in Deutschland mehr Geld.

Rechtlicher Ansatzpunkt fehlt

"Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Frage auch in Österreich dem Verfassungsgerichtshof gestellt wird", meinte angesichts dessen Patzelt bei der Pressekonferenz. Doch laut heimischen Experten, die sich seit Jahren des Themas Grundversorgung annehmen, ist das nicht so einfach.

Es fehle der rechtliche Ansatzpunkt, meint etwa Kartrin Hulla von der Caritas. Tatsächlich seien jene Summen, die Asylwerbern für Wohnen und Essen gewährt werden, in Deutschland und Österreich in etwa gleich. Doch während in Deutschland die Würde des Menschen - und somit auch dessen Recht auf gesellschaftliche Teilnahme - im Staatsgrundgesetz festgeschrieben sei, fehle eine entsprechende Verfassungsbestimmung hierzulande: "Das deutsche Urteil passt bei uns nicht in die Form".

Das meint man auch im Innenministerium. Was Geld für Wohnen und Essen angeht, habe man außerdem erst heuer die Tagsätze für Wirte und andere Unterkunftgeber von 17 auf 19 Euro pro Tag erhöht, sagt dort ein Sprecher.

Gegen "Unsichtbarmachen"

Dass das Leben in diesen Unterkünften besser, die Wohnqualität höher werden müsse, steht auch auf der Asylagenda von Caritas und Amnesty weit oben. Das "Unsichtbarmachen" von Asylwerbern, indem man sie in abgelegenen Gasthöfen unterbringe, müsse ein Ende haben, sagte Patzelt.

Während Caritaspräsident Franz Küberl die Frage des Arbeitsmarkt- und Bildungszugangs ansprach. Trotz anderslautender Wortmeldungen aus Innen- und Sozialministerium, die die auf dem Papier stehende Arbeitsmarktöffnung nach drei Monaten in den Mittelpunkt stellen, seien Flüchtlinge durch Verordnungen und andere Regeln de facto von Jobs ausgeschlossen, und zwar oft jahrelang. Küberl: "So werden Sozialfälle produziert." Im Sozialministerium hieß es am Dienstag auf STANDARD-Anfrage, Änderungen in diesem Bereich seien nicht geplant. (Irene Brickner, DER STANDARD, 19.6.2013)