Foto: Oesterreichs Energie/Artur Bodenstein

Aus welchen Quellen wir unseren Strom beziehen, wie zuverlässig und berechenbar die Versorgung ist und wie belastbar unsere Netzinfrastruktur – das entscheidet über die Attraktivität von Wirtschaftsstandorten und damit über den Wohlstand einer Gesellschaft. Der Druck wird hier weltweit immer größer.

Österreich hat mir seinem hohen Anteil an erneuerbaren Energien im Strommix weltweit Vorreiterrolle, aber Marktverzerrungen, hohe Abgaben, stockende Investitionen und  schleppende Genehmigungsverfahren bremsen gleichzeitig die Energiewende.

Die Entscheidungen, die in Politik und Wirtschaft in den nächsten 5 Jahren getroffen werden, sind daher entscheidend, ob Österreich seine Position halten oder gar ausbauen kann. Einen Fahrplan, in welche Richtung es gehen könnte, hat Oesterreichs Energie vorgelegt:

1. Neues Marktdesign schaffen

Der begrüßenswerte Boom an erneuerbaren Energieträgern hat auch zu einem massiven Ansteigen von volatilen Erzeugungskapazitäten (Wind, Photovoltaik) im Gesamtsystem geführt. Das stellt die Stromversorgung vor große Herausforderungen und hat den Großhandelspreis stark beeinflusst. Bereits bestehende CO2-arme Erzeugungstechnologien sind unrentabel geworden. Darüber hinaus stellt sich die Frage der volkswirtschaftlichen Kosteneffizienz hinsichtlich der Leistbarkeit von Strom und der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie und des Gewerbes. Veränderungen sind dringend angesagt und wären folgendermaßen umsetzbar:

• Erneuerbare Technologien marktgerecht fördern
• Ausbaupotenziale dort nutzen, wo sie wirtschaftlich und geographisch sinnvoll sind
• Das Potenzial heimischer Wasserkraft nutzen und entsprechende Rahmenbedingungen setzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben
• Einen koordinierten Ausbau der Erneuerbaren auf europäischer Ebene unterstützen
• Versorgungssicherheit langfristig gewährleisten

2. Strom muss leistbar bleiben

In kaum einem anderen europäischen Land ist die absolute Steuer und Abgabenbelastung auf Strom so hoch wie in Österreich. Während bei uns die Steuerbelastung beinahe ein Drittel ausmacht, liegt sie z.B. in Großbritannien unter 5 Prozent. Ähnliches gilt bei den Industriestrompreisen in Österreich. Für die energieintensive Industrie wird der Energiepreis daher immer mehr zu einer entscheidenden Standortfrage. Um im Sinne der Stromkunden weitere Belastungen zu vermeiden, sind folgende Maßnahmen wünschenswert:

• Keine weiteren Abgabenerhöhungen auf Strom
• Keine Mehrwertsteuer auf Abgaben und Umlagen (Ökoenergie)
• Eine Zweckwidmung der Stromsteuer (Elektrizitätsabgabe, Mehrwertsteuer) für erforderliche prioritäre Energieinfrastrukturprojekte
• Eine gerechte Lastenverteilung für soziale Akzeptanz

3. Energieeffizienz steigern

Das beste "Kraftwerk" ist das Energiesparen. Neben Effizienzverbesserungen bei der Stromerzeugung und der Stromnetze sind hier vor allem auch die Endverbraucher gefragt. Letztlich gilt: wer weniger verbraucht, zahlt auch weniger. Aus Sicht von Österreichs E-Wirtschaft bedarf es daher folgender Maßnahmen:

• Ausarbeitung einer umfassenden österreichischen Energieeffizienzstrategie unter Nutzung bereits bestehender politischer Maßnahmen
• Energieeffi zienzprojekte und Energieberatungen forcieren, um eine nachhaltige Verringerung der Kosten gerade für sozial Schwache zu erreichen
• Gewährleistung von Rechtssicherheit und Planbarkeit von Maßnahmen
• Klare Zielhöhen, transparente Berechnungen der Einsparziele und praktikable Ausgestaltung von Energieeffi zienzvorgaben

4. Realistische Ziele setzen

Negativbeispiele haben gezeigt, dass die Energiewende Zeit und vor allem realistische Ziele braucht. Die EU hat für 2050 einen ambitionierten Zielkatalog entwickelt - Zwischenziele sollen bereits bis 2030 erreicht werden. Dabei sollte man sich an folgenden Rahmen halten:

• Definierte und realistische Konzepte unter Beachtung der vorhandenen Potenziale
• Eine koordinierte Umsetzung mit fi xen Zeitplänen, defi nierten Zielen und konkreten Maßnahmenplänen
• Eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für alle zur Verfügung stehenden Systeme
• Jährliche Evaluierung der Ziele und der Maßnahmenwirkungen

5. Regulierungssystem investitions- und innovationsfreundlich gestalten

Der Aus- und Umbau des Energiesystems bedarf großer Investitionen. Diese sind nach der Liberalisierung des Strommarktes auf Grund des regulatorischen Umfelds zurückgegangen. Um die Investitionsbereitschaft zu fördern und nächste Planungsschritte zu setzen bedarf es Rechtssicherheit für die die E-Wirtschaft folgende Maßnahmen vorschlägt:

• Klare und langfristig geltende rechtliche Rahmenbedingungen als Basis für eine stabile Finanzierung
• Regulierungsmechanismen für Investitionssicherheit zielgerichtet anpassen - Übergang auf Ex-Ante-Regulierung
• Eigenen Investitionsfaktor für zukunftsweisende Technologien implementieren
• Nachhaltige Finanzierungsbedingungen für prioritäre Projekte schaffen

6. UVP-Verfahren Beschleunigen

Die vermehrte Einspeisung erneuerbarer (volatiler) Energien ins Stromnetz hat gezeigt, das der Ausbau der Netzinfrastruktur unumgänglich ist. Um eine fristgerechte Umsetzung anstehender
prioritärer Projekte zu ermöglichen, sind die dazu notwendigen UVP-Verfahren kompakt zu gestalten. Gebraucht werden:

• Ein nationaler Schulterschluss für effiziente Genehmigungsverfahren
• Maßnahmen zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für defi nierte prioritäre Projekte und Vorhaben im Energiebereich
• Eine verfahrenstechnische Gleichstellung prioritärer Netzprojekte mit Projekten der Verkehrsinfrastruktur
• Eine einheitliche Interpretation von Verfahrensregeln in der UVP-Praxis

7. Internationale Strommärkte stärken und absichern

Strommärkte geben die entscheidenden Preissignale für den gesamten Sektor. Wichtige Teilmärkte für Regelenergie, Spotmarkt, Intraday und Day-ahead-Markt sind unverzichtbare Faktoren für eine sichere und leistbare Stromversorgung der Zukunft. Damit das so bleibt, sind folgende Schritte notwendig:

• Integrierte europäische Strommärkte vor einer Zersplitterung bewahren
• Aufrechterhaltung von staatenübergreifenden gemeinsamen Preiszonen als entscheidenden Indikator für einen funktionierenden europäischen Binnenmarkt
• Länderübergreifende energiepolitische Initiativen weiter ausbauen und forcieren

8. Energieforschung forcieren

In den nächsten Jahren müssen innovative Technologien und Services forciert werden - eine Steigerung der Energieforschungsausgaben ist Voraussetzung, wenn Österreich internationaler "Frontrunner" in der Energieforschung sein soll. Folgende Ziele sind erstrebenswert:

• Anhebung der Mittel für nicht-nukleare Energieforschung auf zumindest 200 Millionen Euro jährlich binnen 5 Jahren
• Forcierung einer zukunftsorientierten Technologie-, Innovations- und Investitionsstrategie der EU im Energiebereich
• Mehrjährige Programmplanung für F&E Projekte etablieren
• Aufnahme des BMWFJ als Energieministerium in das Präsidium des Klima- und Energiefonds