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Ulrike Diebold erhielt den Wittgenstein-Preis 2013.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Im Gymnasium in Waidhofen an der Ybbs hatte Ulrike Diebold einen Physiklehrer mit recht ungewöhnlichen Unterrichtsmethoden: Als er erklärte, dass Wassertropfen, die auf eine über 100 Grad Celsius heißen Herdplatte fallen, aufgrund der Hitze sofort zu sieden und, angetrieben vom Wasserdampf, zu hüpfen beginnen, sprang er wie einer dieser Wassertropfen durch das Klassenzimmer. Der spaßige Pädagoge war sicher nicht der alleinige Grund, warum Diebold, geboren 1961 in Kapfenberg in der Steuermark, später Physik studierte. Er hat ihr Interesse aber zumindest nicht gebremst. Am Montag, als Diebold den Wittgenstein-Preis erhielt, hat sie auch an ihn gedacht.

Die Entscheidung für das Studium fiel ihr schließlich doch nicht ganz leicht: Literatur, Wirtschaft und Geschichte hätten sie ebenso interessiert. Die Physik ist es schließlich geworden, "weil mir das Fach viele Möglichkeiten offengelassen hat" und sie sich nicht von Anfang an festlegen musste. Sie studierte an der TU Wien und ging danach für drei Jahre an die Rutgers University in New Jersey in den USA. Nach dem Ende dieses Aufenthalts zog es Diebold weiter an die Tulane University in New Orleans, wo man ihr die Chance gab, sich mit dem mittlerweile herauskristallisierten Schwerpunkt Oberflächenphysik zu beweisen, und zwar mit allen Aufstiegschancen. Das sei eine Kultur, die sie in Europa vermisse. Sie wurde Professorin und Mutter zweier Söhne, was sie angesichts der guten Versorgung mit Kinderkrippen mit der Forschung in Einklang bringen konnte. "Ich konnte in der Lehre eine Auszeit nehmen. Wenn man in der Forschung weg ist, dann ist man ganz weg."

Diebold untersucht, wie sich Teilchen an Metalloberflächen anordnen und wo sie wie reagieren. Wenn sie von deren Anordnungen spricht, wirkt sie schon sehr fasziniert. 2010 schließlich ging sie zurück an die TU Wien und erhielt eine Professur für Oberflächenphysik. 2012 konnte sie einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) einwerben.

Ulrike Diebold ist erst die vierte Frau, die den Wittgenstein-Preis gewonnen hat - nach der Linguistin Ruth Wodak und den Molkularbiologinnen Marjori Matzke und Renée Schroeder. Ob sie in ihren Vorlesungen durch Hörsäle hüpft, ist nicht überliefert. Sie wird von Studenten aber als eine jener Professorinnen bezeichnet, die anschaulich Themen erklären können. (Peter Illetschko, DER STANDARD, 18.6.2013)