Wien - Eine Symphonie als Uraufführung im Jahre 2013: Dahinter könnte sich die Wiederentdeckung eines verschollenen Werks eines Romantikers verbergen. Tatsächlich handelte es sich bei der Novität, die im Musikverein der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, um eine in den vergangenen drei Jahren im Auftrag der Gesellschaft der Musikfreunde entstandene Komposition aus Anlass des 200-Jahr-Jubiläums.

Sehr wahrscheinlich bedeutet das Bekenntnis zur historischen Gattung für Thomas Daniel Schlee einen bewussten Anachronismus, die Absage an sämtliche Moden der Zeit, doch ebenso sehr den Anspruch auf Bedeutsames. Dafür können bereits die lateinischen Untertitel und die religiösen Bezüge einstehen, die der Intendant des Carinthischen Sommers seiner Symphonie Nr. 2 op. 81 gegeben hat.

Die drei Sätze lassen sich aber durchaus auch ohne Taufschein und liturgische Versenkung verstehen: die Klagerufe des ersten Satzes, die erst Hoffnungsschimmer und dann erneut dem Ton der Trauer Platz machen, die dichten Texturen und langgezogenen Kantilenen des zweiten und die metallisch leuchtenden Kaskaden des dritten, die vielleicht am stärksten an Schlees Lehrer Olivier Messiaen erinnern.

Kombinatorische Fantasie

Symphonisch ist dies alles weniger der Form als dem Grad der Verarbeitung nach - und in der kombinatorischen Fantasie, welche die Wiener Symphoniker und den Dirigenten Manfred Honeck vor ernst zu nehmende Herausforderungen stellte. Möglicherweise ließe sich das Stück schon noch entscheidend präziser fassen. Ganz sicher galt dies für eine nicht ganz pannenfreie Wiedergabe der 9. Symphonie von Anton Bruckner, bei der sich alles Pathos und Klangvolumen nicht so recht zum Ganzen fügen wollten.

Trotz vieler schöner, teilweise hochexpressiver Passagen und der Betonung des "wienerischen" Tonfalls in Klanggebung und Agogik, trotz des hohen Einsatzes aller Beteiligten spielte das Orchester da doch deutlich unter Niveau - besonders, aber nicht nur im Scherzo, das mitunter so wackelte, als ob das Wort "Symphonie" nicht vom griechischen Ausdruck für "zusammenklingend" kommen würde. (Daniel Ender, DER STANDARD, 18.6.2013)