Die ÖVP sieht den von ihr seit Jahrzehnten mitregierten Staat als "Räuber der Kaufkraft" seiner Bürger. So drückte es zumindest der Chef des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Christoph Leitl, am Montag aus. Als Lösung forderte er gemeinsam mit ÖVP-Arbeitnehmerchefin Johanna Mikl-Leitner eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge. Außerdem sollen die Krankenkassen zusätzliche Leistungen übernehmen. Wie das finanziert werden soll, blieb unklar.

Insgesamt fordert die ÖVP im Rahmen ihres im Wahlkampf geschnürten "Leistbares Leben"-Pakets die Senkung der Lohnnebenkosten um 500 Mio. Euro oder 0,65 Prozentpunkte (weitere schon präsentierte Punkte sind maßvolle Gebührenerhöhungen, schärfere Kartellbekämpfung und "bewusst leben" beim täglichen Einkauf). In Sachen Lohnnebenkosten will Mikl-Leitner bei den Krankenkassen ansetzen: Sobald deren Schulden abgetragen sind, sollen die Beiträge erstens um 0,15 Prozentpunkte sinken, zweitens sollen die Kassen "mittelfristig" auch medizinisch nötige Zahnspangen bezahlen und drittens soll es nach Vorbild der gewerblichen Sozialversicherung (SVA) finanzielle Anreize für Gesundheitsvorsorge geben.

Arbeitgeberbeiträge sollen gesenkt werden

Wie viel das kosten würde, wusste Mikl-Leitner auf Nachfrage nicht. Dennoch zeigte sie sich überzeugt, dass die Maßnahme finanzierbar wäre - und dies, obwohl die Kassen auch eine weitere ÖVP-Forderung bezahlen sollen. Leitl fordert nämlich auch eine Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Unfallversicherung. Sie wurde zwar für Arbeitsunfälle geschaffen, bezahlt aber zunehmend auch für Freizeitunfälle. Die ÖVP sieht das als "Quersubventionierung der Krankenkassen", fordert "Kostenwahrheit" und eine Senkung der Unfallversicherungsbeiträge um 330 Mio. Euro (etwa 0,4 Prozent).

Vorstellen kann sich Leitl auch eine Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von derzeit sechs auf 4,5 Prozent. Damit würde man immer noch um 50 Prozent über dem deutschen Niveau liegen, meinte der Wirtschaftskammerpräsident. Gefordert wurde von den ÖVP-Politikern auch eine durch Steuerbegünstigung staatlich geförderte Mitarbeiterbeteiligung an Unternehmensgewinnen. Und auch bei den jährlichen Lohnrunden fordert Leitl vom Staat Zurückhaltung, damit den Arbeitnehmern "mehr netto vom Brutto" im Börserl bleibt. Auch ihm gehe es nämlich um Verteilungsgerechtigkeit, sagte Leitl mit einem Seitenhieb auf SPÖ und Gewerkschaft, aber um "Verteilungsgerechtigkeit zwischen Staat und Bürger".

(APA, 17.6.2013)