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Zwischen Turin und Lyon entsteht ein 57 Kilometer langer Tunnel für Hochgeschwindigkeitszüge. Weitere Bahnprojekte sollen für Wirtschaftsimpulse sorgen.

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Rom - Mit einem milliardenschweren Infrastrukturprogramm will Italiens Regierung die rezessionsgeplagte Wirtschaft ankurbeln. Das am Wochenende verabschiedete Dekret sieht drei Milliarden Euro an Investitionen in das Verkehrsnetz, primär in die Bahnverbindungen sowie in den Schul- und Universitätsbau vor.

Konkret besteht das Programm aus 80 Punkten. Das Kabinett plant, neue U- Bahn-Linien in Rom, Mailand und Neapel, sowie Tunnels und Brücken zu bauen.

Weiters ist die Erneuerung mehrerer Autobahnstrecken vorgesehen. Mehrere hundert Millionen Euro sollen für die Sicherheit der Schulgebäude investiert werden. Unterm Strich hofft die Regierung, 30.000 neue Arbeitsplätze in der Baubranche zu schaffen.

Steuerlast senken

Um die Steuerlast zu senken, wurden vorerst Begünstigungen für die Stromkunden im Ausmaß von 550 Millionen Euro verabschiedet. Des Weiteren dürfen Erstwohnungen künftig nicht zur gerichtlichen Versteigerung gelangen und Steuerschulden können in mehrjährigen Ratenzahlungen getilgt werden. Auch das Justizsystem soll effizienter werden. Die Prozeduren für Ausländer, die die italienische Staatsbürgerschaft beantragen, sollen erleichtert werden.

Die wegen ihrer drastischen Methoden ins Kreuzfeuer der allgemeinen Kritik gelangte Steuerbehörde Equitalia soll "zum Freund der Bürger" werden, meinte Regierungschef Enrico Letta. Die längst erwarteten Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit - sie liegt derzeit bei über 40 Prozent - und zur Vereinfachung der Bürokratie sollen in dieser Woche verabschiedet werden. Der Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit war am Freitag auch Thema bei einem Gipfeltreffen der vier großen EU-Staaten Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien. Die deutsche Arbeitsministerin Ursula von der Leyen sagte danach, nötig sei ein mobilerer EU-Arbeitsmarkt. "In Deutschland stehen Ausbildungs- und Arbeitsplätze leer", in anderen Staaten suchten Jugendliche dagegen verzweifelt eine Arbeit."

Mehrwertsteuer offen

Über die im Juli geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer IVA von 21 auf 22 Prozent wurde von der Letta-Regierung vorerst keine Entscheidung getroffen. Befürchtungen von Wirtschaftsexperten, dass Italien im kommenden Jahr die Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) nicht wie versprochen einhalten werde, wies der Regierungschef zurück. Er wolle weiterhin an dem Ziel festhalten.

Tito Boeri, Wirtschaftsprofessor an der Elite Universität Bocconi, sieht die Maßnahmen als Anfang für ein breit angelegtes Sanierungsprogramm. Er verweist aber auf die Notwendigkeit von beschäftigungsfördernden Maßnahmen. Tatsache ist, dass der Regierung kaum ein Spielraum bleibt, um effiziente Investitions- und Beschäftigungsanreize zu gewähren. Im Hinblick auf eine im April auf 2040 Milliarden Euro angewachsene Gesamtverschuldung und auf das über der Grenze von drei Prozent liegende Haushaltsdefizit muss Wirtschaftsminister Fabrizio Saccomanni einen schwierigen Kompromiss zwischen Austeritäts- und Wachstumspolitik finden (tkb, APA, DER STANDARD, 17.6.2013)