Nach über 30 Jahren Unterdrückung entwickelt sich im Irak eine teils vielfältige neue Medienlandschaft. Allerdings seien die neu gewonnenen Freiheiten zerbrechlich, berichtet die Organisation "Reporter ohne Grenzen" in einem aktuellen Report zur Situation der Medien im Irak.

Mindestens 85 neue Zeitungen und Zeitschriften erscheinen laut Bericht in Bagdad und anderen Städten, und überall werden Satellitenschüsseln verkauft, ein Symbol für die Öffnung des Landes und das Bedürfnis der Bevölkerung nach ausländischen Informationen. Bis zuletzt war der Gebrauch von Satellitenschüsseln unter dem Regime Saddam Husseins streng verboten.

Vor allem die alltägliche Gewalt, aber auch die politische Instabilität und unsichere Rechtslage gefährdeten jedoch die neu gewonnenen Freiheiten, heißt es weiter. "Reporter ohne Grenzen" forderte eine zügige Klärung der bislang nur vage formulierten Zuständigkeiten der Interimsbehörde, die die Presse reguliert, und die Schaffung klar definierter und liberaler Pressegesetze.

Während es eine Vielfalt von irakischen Print-Medien gebe, würden Radio und Fernsehen nach wie vor von der amerikanischen Verwaltung dominiert. Kritik an den amerikanischen Einheiten und der Administration sowie unterschiedliche Meinungen dürften zwar geäußert werden, doch sei die Verunsicherung der Journalisten noch immer groß. Selbstzensur sei sehr weit verbreitet.

Kritisch beurteilt wird vor allem ein Dekret, das den Truppen unter neun Umständen erlaubt, Medien zu durchsuchen oder Lizenzen zu entziehen, unter anderem "bei der Anstiftung zu Gewalt gegenüber der Interimsverwaltung" oder "bei der offenkundig falschen und gezielten Verbreitung von Nachrichten, um Widerstand gegen die Interimsverwaltung zu befördern". Die vagen Formulierungen eröffneten Interpretationsspielräume, die restriktiv genutzt werden könnten. Zur Zeit gebe es jedoch noch keine übereifrige Anwendung. (APA/dpa)