Es ist ein Mikrokosmos des heutigen Russlands: das Grand Hotel Europa in St. Petersburg, ein Gebäude mit einer üppigen Barockfassade an der Ecke des berühmten Newski Prospekts und der Michailowska-Straße, das nicht nur zu den teuersten, sondern auch zu den schönsten Herbergen Russlands zählt.

Die Geburt erlebte das Hotel schon 1830, als der italienische Architekt Carlo Rossi ein Großprojekt in Angriff nahm: Neben dem Bau eines Palastes für den Erzherzog Michail gestaltete der Architekt auch das Umfeld des Palais neu. Dabei entstanden das Hotel Michailowski und das benachbarte Hotel de Russie.

Im Jahr 1872 beauftragten mehrere Petersburger Geschäftsleute den Architekten Ludwig Fontan, die beiden Hotels zusammenzulegen und zu renovieren. "Dieses Gebäude hat die Architektur eines modernen, enormen Hotels", schrieb der Schriftsteller Fjodor Dostojewski. 1875 aus der Taufe gehoben wurde das "Hotel Europa" danach beliebtes Quartier der Zarenstadt. Der Komponist Johann Strauß stieg ebenso im Hotel Europa ab wie Peter Tschaikovskij, Prokofjef und Schostakowitsch, - Mönch und Wunderheiler Grigori Rasputin zählte zu den Stammgästen der verschiedenen Restaurants im Hotel.

Im Laufe der folgenden Jahre erfüllte das Gebäude auch ganz andere Funktionen als die eines Luxus-Hotels: Es diente als Heim für Waisenkinder, als militärisches Hauptquartier sowie als Lazarett während der Belagerung des damaligen Leningrads durch die Deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Und um die Ecke vom Europa, im Winterpalais, begann der Sturm auf die alte Ordnung. Aus Petersburg wurde Petrograd, dann Leningrad.

Foto: Kempinski Grand Hotel St. Petersburg

1989 schließlich - noch zu Zeiten der Sowjetunion - begann ein russisch-schwedisches Konsortium mit einer neuerlichen grundlegenden Renovierung, die erst 1992 - nach dem Zerfall der Sowjetunion - beendet wurde. Ein ausländisches Management ließ den zu sowjetischen Zeiten verschwundene Glanz wieder in das Europa zurückkehren. 1994 wurde das Haus als erstes russisches Hotel in die Liste der führenden Hotels der Welt aufgenommen. Kaum ein Jahr später wurde das Hotel in die Kempinski-Kette eingegliedert.

Das inzwischen unter Denkmalschutz stehende Haus bietet seinen Gästen neben sieben Restaurants und Bars insgesamt 301 Zimmer, die alle unterschiedlich eingerichtet sind. Das luxuriöseste Zimmer trägt die Nummer 127 - die Präsidenten-Suite. Die Namen Bill Clinton, Jacques Chirac, Helmut Kohl, David Copperfield oder Joe Cocker sind nur ein kurzer Auszug aus einer bereits langen Liste prominenter Bewohner dieser Gemächer. (red)