Wien – Ein höchst berechtigter Triumph für eine Sängerin: Nina Stemme wurde an der Wiener Staatsoper als Isolde zurecht über die Maßen bejubelt. Ihre Performance war in musikalischer Hinsicht eine Glanzleistung der kultivierten Kraftentfaltung und -Dosierung; folglich die Bandbreite ihres Ausdrucks beeindruckend. Stemme beherrscht den hochdramatischen Ton, ohne grob ins Schrille abzugleiten. Zugleich ist sie bei Bedarf auch zu poetischer Intimität fähig.

Auch in darstellerischer Hinsicht war sie es, die es womöglich in Eigenregie verstand, in ihrer Figur Emotionen auch sichtbar zu machen. Ob Wut, Verzweiflung oder die finale todestrunkene Verklärung. Eine Leistung auch dies, denn: Der heftig ausgebuhte Regisseur David McVicar hat mit seiner "Handschrift" bei dieser Premiere von
Tristan und Isolde alle Kraft darauf verwendet, gleichsam gar nicht zu inszenieren.

Das war ein mustergültiges Konzert in Kostümen. Und regte sich tatsächlich einmal etwas, so im Sinne des Lächerlichen: Ob die – komische Bewegungen absolvierenden – Matrosen oder die – simultan zackig ihre Schwerter ziehenden – Recken König Markes (profund Stephen Milling) – bei diesen szenischen Plattheiten kann sofort mit dem Streichen begonnen werden. 

So blieb es dem roten, dann wieder grauen Mond vorbehalten, mit seinem Aufgehen oder Untergehen für  elegante Bühnenbewegungen zu sorgen. Peter Seiffert gab sich als Tristan zwar Mühe, er kam aber szenisch auch nicht recht in Schwung. Stimmlich wirkte er im zweiten Akt bisweilen irritiert. Im dritten Akt kam er jedoch respektabel intensiv über die Runden. Solide Janina Baechle (als Brangäne) und Jochen Schmeckenbecher (als Kurwenal).

Dirigent Franz Welser-Möst begann mit dem Staatsopernorchester diskret, ließ dann bisweilen packend aufdrehen. Die Energie beeindruckte; mitunter jedoch punktete sie auf Sängerkosten.   (Ljubisa Tosic, DER STANDARD, 14.6.2013)