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Keith Alexander gehört zu den mächtigsten Männern der US-Sicherheitspolitik.

Foto: Reuters

Die Entdeckung von PRISM hat die Augen der Weltöffentlichkeit auf den US-Geheimdienst NSA gerichtet. Dass man dort insbesondere die Geheimnisse potenzieller Feinde der USA erforschen will, ist nichts Neues. Das Ausmaß der Überwachungsarbeit freilich erstaunte - und nicht im positiven Sinne.

"Kaiser Alexander"

An der Spitze der "National Security Agency" steht seit 2005 Keith Alexander. Der Vier-Sterne-General hat sich in seiner langen Dienstzeit den Beinahmen "Kaiser Alexander" (Emperor Alexander) erarbeitet. Er hat ein mächtiges Netzwerk aufgezogen, das nicht nur im Intelligence-Bereich ungeheure Reichweite hat, sondern auch über umfangreiche Angriffskapazitäten für den Cyberwar verfügt. Wired hat nun ein ausführliches Portrait über einen der mächtigsten Männer der USA verfasst.

Er operiert hauptsächlich aus Fort Meade in Maryland, einer eigenen, schwer bewachten Militärkleinstadt, die ein eigenes Postamt besitzt. Zwischen ihr und der Außenwelt liegen Mauern, Stacheldrähte, Bewegungssensoren und rotierende Kameras. Die Gebäude sind innen mit Kupfer abgeschirmt, die Fenster nur nach Außen durchsichtig.

Cyberkinetische Angriffe

"Wir sehen zunehmende Aktivität in den Netzwerken", meinte Alexander kürzlich auf einer Sicherheitskonferenz. "Ich befürchte, dass dies ein Ausmaß erreicht, in welchem Private dies nicht mehr unter Kontrolle haben und die Regierung einschreiten muss." Seiner Ansicht nach, ist die Gefahr aus dem Internet so groß, dass man ihr nur mit der Überwachung sämtlicher Kommunikation entgegentreten kann.

Die NSA hat im Cyberwar aber auch schon selbst ihre Krallen gezeigt. Man setzt auf "cyberkinetische Angriffe", die digital erfolgen, aber physischen Schaden erzeugen. Die erste Waffe, deren Einsatz öffentlich bekannt geworden war, ist Stuxnet. Die In Zusammenarbeit mit der CIA und israelischen Experten entwickelte Malware löste die Beschädigung von rund 1.000 Zentrifugen aus, die im Iran für die Anreicherung von nuklearem Material genutzt werden.

Fünf Säulen

Alexanders "Imperium" umfasst fünf Institutionen. Neben der NSA beinhaltet dies etwa das Central Security Service (CSS), das im Auftrag von Militäreinheiten Spionage durchführt oder die Centers for Academic Excellence (CAE), die für die Anwerbung junger Köpfe für die eigene Cyber-Armee zuständig sind. Die Existenz des Special Collection Service (SCS) lässt sich wiederum nur aus Aussagen eines anonymen CIA-Mitglieds ableiten, angeblich operiert diese Spionageorganisation in Botschaften auf der ganzen Welt.

Last but not least gibt es seit 2009 das US Cyber Command (USCyberCom). Der Auftrag der Organisation, die einen Adler mit Blitz als Wappen trägt, ist es, "proaktiv" gegen Cyberattacken vorzugehen. "Ich wollte nur klarstellen, dass dieses Team zur Verteidigung der Nation nicht defensiv arbeitet", meinte Alexander einst gegenüber dem Armed Services Committee des Repräsentantenhauses.

Freund von Petraeus und Dempsey

Seit Stuxnet ist viel passiert, und auch der Iran hat mittlerweile seine eigene Cyberarmee. Das Land soll hinter jenem Virus stecken, der 30.000 Computer des saudischen Energieriesen Saudi Aramco befiel und einen Großteil der Daten vernichtete. Kurz darauf wurde auch der katarische Gaslieferant RasGas attackiert und eine breitflächige DDoS-Attacke bereitete einer Reihe von US-Finanzunternehmen erhebliche Probleme.

Das Katz-und-Maus-Spiel bot Alexander die optimale Basis, seinen Einflussbereich immer weiter zu vergrößern. Alleine sein Cyberkommando beschäftigt heute 14.000 Menschen. Zu seinen Helfern gehören unter anderem seine ebenfalls zu Einfluss gelangten Jahrgangskollegen an der West Point-Militärakademie: CIA-Direktor David Petraeus und Martin Dempsey, Vorsitzender des Oberkommandos der gemeinsamen Streitkräfte.

"Site M:" Neuer Riesenkomplex entsteht

Diesen Mai begannen in Fort Meade die Arbeiten an einem neuen Komplex, der bislang nur als "Site M" bekannt ist. Auf 920.000 Quadratmeter entstehen 14 administrative Gebäude, zehn Parkgaragen und ein 150 Megawatt-Kraftwerk. Alleine das Servergebäude nimmt rund 8.400 Quadratmeter Fläche ein. In der 50.000 Quadratmeter großen Kommandozentrale sollen künftig über 1.300 Menschen arbeiten. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 3,2 Milliarden Dollar.

Solche Projekte sind es, die Alexander seinen royalen Beinamen beschert haben. Während in anderen Sicherheitsabteilungen der Sparstift angesetzt wird, verhandelte er immer mehr heraus. Für seinen letzten Budgetvorschlag wurden ihm 4,7 Miulliarden Dollar für 2014 vom Kongress gewährt, eine Milliarde mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig werden die Mittel des CIA und anderer Organisationen um 4,4 Milliarden gekürzt.

Kommendes Jahr will Keith Alexander seinen Posten räumen. Wer ihm in sein Amt folgt, steht noch in den Sternen. Die auszufüllenden Fußstapfen sind jedenfalls immens.

Das vollständige Porträt ist bei Wired zu finden. (red, derStandard.at, 13.6.2013)