Graz/Wien – Um Misshandlungs- und sexuelle Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche aufzuarbeiten, wurde vor drei Jahren die Unabhängige Opferschutzkommission (UOK) gegründet. Als deren Leiterin hat Kardinal Christoph Schönborn die frühere Landeshauptfrau der Steiermark, Waltraud Klasnic (ÖVP), eingesetzt. 1422 Personen haben sich gemeldet, 1289 davon erhielten Entschädigungen von 5000 Euro bis 25.000 pro Einzelfall.

Bisher hat die Kommission 12,2 Millionen Euro an finanziellen und 34.000 Stunden an therapeutischen Hilfestellungen zuerkannt. In zwanzig Fällen wurden Schadenersatz und Wiedergutmachung abgelehnt. In 75 Fällen kam die Kommission zur Erkenntnis, dass die Kirche in die behaupteten Verbrechen nicht involviert sei.

Einige Opfer haben in der Zwischenzeit auch Gerichtsprozesse angestrengt. Ein ehemaliger Zögling beispielsweise hat das Stift Admont und zwei Patres zivilrechtlich auf Schadensersatz geklagt. Auch gegen das Stift Kremsmünster und gegen das Bregenzer Kloster Mehrerau laufen einige Klagen, in Bälde muss sich ein 79-jähriger, mittlerweile ausgetretener Pater strafrechtlich verantworten.

Von Anfang an hatte es Kritik daran gegeben, dass sich die sogenannte Klasnic-Kommission als unabhängig bezeichnet. Der Wiener Rechtsanwalt Wolfgang Renzl hat deswegen sogar eine Klage eingebracht. Er verlangt von Waltraud Klasnic und deren Sprecher Herwig Hösele, die Verwendung des Namens zu unterlassen. Renzl ist der Auffassung, dass die Kommission eben nicht unabhängig sei, weil sie von der Kirche eingesetzt worden sei. Außerdem trete die Kommission wie eine Behörde auf, was erst recht untragbar sei.

Die UOK wiederum forderte zuletzt die Regierung dazu auf, eine "Präventionsplattform zum Schutz vor körperlicher, seelischer und sexueller Gewalt" einrichten. Bei einem Symposion in Wien hat Klasnic darauf hingewiesen, dass die ehrenamtlichen Mitglieder der Kommission "an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gegangen" seien.

Aus Parlament verbannt

Das Symposion im vergangenen Februar hätte ursprünglich im Parlament stattfinden sollen, was dann aber kurzfristig an Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) scheiterte. Zuvor hatte es massive Proteste der "Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt" sowie der "Initiative Religion ist Privatsache" gegeben, weil die umstrittene Klasnic-Kommission selbst Veranstalterin des Symposions war. Prammer teilte schließlich mit, dass das für eine Veranstaltung im Hohen Haus nötige "Klima des Vertrauens" noch nicht gegeben sei und sagte ab. Die Veranstaltung fand im Haus der Industrie statt.

Vergangene Woche wurde Waltraud Klasnic gemeinsam mit der früheren Zweiten Präsidentin des Nationalrates, Marga Hubinek, von Vizekanzler Michael Spindel­egger (VP) der Große Leopold Kunschak Preis verliehen – unter anderem wegen ihrer Verdiente bei der Opferschutzkommission. In ihrer Rede schlug sie einen Präventionsbeirat vor, "der auch die Vorbereitung von Gesetzen begleitet, um alles Mögliche zur Verhinderung von Missbrauch zu tun". Vorschläge dazu lägen bereits in den Schreibtischen. (simo/DER STANDARD, 13.6.2013)