Wien - Die Journalisten des ORF zeigen sich in einer Aussendung "bestürzt" über die "undemokratische Aktion der griechischen Regierung". Die Solidaritätsbekundung im Wortlaut:

"Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und eine freie Presse sind die Infrastruktur der Demokratie. Ohne funktionierenden Journalismus fehlen der Bevölkerung die Grundlagen für ihre Wahlentscheidungen und es fehlt die Kontrolle der Regierenden. Nach 75 Jahren hat eine Regierungspartei in Griechenland die Schließung des öffentlich-rechtlichen Senders ERT per Ministerialerlass angeordnet. Ohne darüber eine öffentliche Debatte zu führen und die griechische Bevölkerung einzubinden.

Das Beispiel Griechenland zeigt ganz deutlich, wie wichtig wirtschaftliche und partei-politische Unabhängigkeit, sowie Staatsferne für ein öffentlich-rechtliches Medium sind: "Zuerst versuchen politische Parteien, ihre Vertrauensleute auf wichtigen Positionen unterzubringen, um anschließend darüber zu lamentieren, wie überbesetzt und teuer der Rundfunk ist. Und um ihn dann gänzlich abzuschaffen - ohne darüber öffentlich diskutieren zu wollen", kritisiert Dieter Bornemann, Vorsitzender des ORF-Redakteursrates.

Für alle, die seit gestern Abend in diversen Internetforen das Ende des öffentlich-rechtlichen Senders in Griechenland beklatschen und sich ähnliches für den ORF wünschen, ein kleiner Denkanstoß: Wer will in einem Land leben, in dem einige wenige, reiche Verlegerfamilien mit ihren Boulevard-Medien die Meinung im Land bestimmen können? Und es nicht um unabhängigen Journalismus geht, sondern in erster Linie um kommerzielle Interessen? Schließung oder (Teil-)Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Senders führt nie zu einer besseren demokratischen Verfasstheit eines Landes. Privatisierung von öffentlich-rechtlichen Medien spielt kommerziellen Interessen in die Hände und führt ganz sicher nicht zu einem besseren Journalismus, der eine Kontrollfunktion gegenüber den Mächtigen eines Landes haben muss. Denn Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt sind die wesentlichen Grundpfeiler einer pluralistischen Gesellschaft.

Bei aller - auch berechtigten - Kritik am öffentlich-rechtlichen System: Es sollte in jedem demokratischen Land klar sein, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht Spielball der Politiker sein darf, sondern ausschließlich für die Bürger da ist. In Griechenland, in Österreich und allen anderen Ländern.

Darum schließen sich die ORF-Journalistinnen und Journalisten den Protesten der EBU, des "Europäischen Journalistenverbandes" und "Reporter ohne Grenzen" an und fordern die griechische Regierung auf, ihre Entscheidung umgehend zurückzunehmen und unabhängigen, öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuzulassen." (red, derStandard.at, 12.6.2013)