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Mahmud Ahmadi-Nejad besiegte 2005 Expräsident Hashemi Rafsanjani. Seine Wiederwahl 2009 bleibt umstritten.

Foto: Reuters/McDermid

Teheran/Rom - Seine Wahl am 24. Juni 2005 war eine Ohrfeige für seinen Gegenkandidaten und für das ganze satte Mullah-Establishment: In der Stichwahlrunde besiegte Mahmud Ahmadi-Nejad den Expräsidenten der Islamischen Republik, Ali Akbar Hashemi Rafsanjani (1989 bis 1997). Dieser hatte acht Jahre und zwei Amtsperioden pausiert, in denen Mohammed Khatami, der Reformer, seine - oder auch keine - Chance gehabt hatte. Rafsanjani, Geistlicher und Großgrundbesitzer, ging 2005 natürlich als Favorit in die zweite Runde. Ahmadi-Nejad gewann sie mit 62 Prozent.

Acht Jahre später ist nun das Pausieren an Ahmadi-Nejad, während Rafsanjani zu den Wahlen 2013 antreten wollte, aber nicht durfte. Ahmadi-Nejad hat jedoch auch ohne Wahlen wieder einmal die Prognosen Lügen gestraft: Erstens hat er entgegen vielen Voraussagen während der vergangenen zwei, drei Jahre seine zweite Amtsperiode doch zu Ende gebracht. Zweitens verschwindet er nicht so sang- und klanglos, wie es erwartet wurde und wie es sich seine zahlreichen Kritiker gewünscht hätten.

Ewig gleiche beige Jacke

Dazu gehören auch viele im iranischen konservativen Establishment, die 2009 seine umstrittene Wiederwahl verteidigt hatten. Berichte über und Hinweise auf eine Fälschung der Ergebnisse zuungunsten des als Reformer antretenden Expremiers Mir-Hossein Mussavi lösten damals immer wieder aufflammende Massenproteste aus, die brutalst niedergeschlagen wurden. Die symbolischen Führer der "grünen Bewegung", Mussavi und der frühere Parlamentspräsident Mehdi Karrubi, der bei den Wahlen Dritter geworden war, stehen bis heute unter strenger Kuratel.

Ahmadi-Nejad, Oberbürgermeister von Teheran - wie heute der Kandidat Mohammed Bagher Ghalibaf -, stammt aus dem Süden Teherans, und das ist mehr als eine geografische Bezeichnung. Er gewann als Vertreter der einfachen Leute - sein Markenzeichen wurde die ewig gleiche beige Jacke -, die weder mit dem teuren Lebensstil eines Rafsanjani noch der intellektuellen Finesse eines Khatami etwas anfangen konnten. Seine im Ausland als ruppig wahrgenommene Art hatte für seine Anhänger etwas angenehm Direktes, Ehrliches, auch Charismatisches.

Ausgeprägtes Machtbewusstsein

Ahmadi-Nejad gehört zu jener Klasse, deren Schultern die Revolution 1979 und den achtjährigen Krieg gegen den Irak trugen. Das war alles seit dem Tod Ayatollah Khomeinis 1989 etwas in Vergessenheit geraten - und Khatami, der das System auf seine Weise retten wollte, indem er einen Reformweg versuchte, hatte alles noch einmal gehörig durcheinandergebracht.

In den ersten Jahren galt Mahmud Ahmadi-Nejad als nicht institutionell, aber dem Herzen des religiösen Führers Ali Khamenei sehr nahestehend. Das änderte sich, als sich bald ein ausgeprägtes Machtbewusstsein in seinen vermeintlich absoluten Gehorsam mischte. Ahmadi-Nejad baute sich eine Machtbasis auf, indem er seine Klienten in den Institutionen unterbrachte. Und er versuchte bald recht eindeutig, autonome Entscheidungen zu treffen, die nicht nur mit Khamenei nicht akkordiert waren, sondern sogar gegen dessen Willen gingen.

Khamenei greift ein

Eine davon war sein Versuch, seinen Freund und Verwandten (durch Heirat beider Kinder) Esfandiar Rahim-Mashaei als seinen Ersten Vizepräsidenten zu installieren. Khamenei stieß die Entscheidung um, ebenso als Ahmadi- Nejad den Geheimdienstminister feuerte, um das Amt in seinen Machtbereich zu bringen. Spätestens da begannen die Auguren seinen bevorstehenden Untergang heraufzubeschwören.

Sein Verhältnis zu Khamenei war am Schluss schwer gestört, Ahmadi-Nejad hatte ihn öfters direkt infrage gestellt - wie Rahim-Mashaie, der immer mehr als Ideologe Ahmadi-Nejads galt, das ganze System, bis in theologische Fragen hinein, ob es für das Verhältnis zum verborgenen Mahdi (und damit zu Gott) wirklich des Klerus bedarf. Wenn Khamenei Ahmadi-Nejad bis zum Schluss ertrug, dann wohl nur, weil er durch dessen Entfernung seinen eigenen Fehler eingestanden hätte.

Im Ausland fiel Ahmadi-Nejad durch seine Ausritte gegen Israel und seine Holocaust-Leugnung auf - die vielen Iranern einfach nur peinlich ist. Was aber selten gesagt wird: Mit Ahmadi-Nejad hätte es wahrscheinlich 2010 einen Deal im Atomstreit gegeben. Seine internen Gegner von rechts und links haben es verhindert. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 12.6.2013)