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Der deutsche Philologe Walter Jens ist im Alter von 90 Jahren gestorben. (Archivbild vom Oktober 2005)

Foto: APA/EPA/UWE ZUCCHI

Tübingen - Der deutsche Philologe und Schriftsteller Walter Jens ist tot. Er sei am Sonntagabend im Alter von 90 Jahren in Tübingen gestorben, sagte sein Sohn Tilman Jens am Montag. Der Rhetorikprofessor und ehemalige Präsident der Berliner Akademie der Künste litt seit vielen Jahren an schwerer Demenz. Seine Frau Inge Jens hatte in den vergangenen Jahren sehr offen über seine Krankheit gesprochen, um die Gesellschaft für die Probleme der Demenz zu sensibilisieren.

Wächter der Demokratie

Walter Jens, am 8. März 1923 in Hamburg geboren, studierte Germanistik und Klassische Philologie. Er war als kämpferischer Wächter der Demokratie hervorgetreten und hatte wie kaum ein anderer die tolerante Streitkultur in der Bundesrepublik geprägt. Manche nannten ihn in Anlehnung an den streitbaren Geist im Frankreich des 18. Jahrhunderts einen "kleinen Voltaire der Bundesrepublik".

Mit dem Erscheinen des "Germanistenlexikons" Ende 2003 kam es in Deutschland zur Diskussion über die NSDAP-Mitgliedschaft namhafter deutscher Germanisten. Jens erklärte, keine "Erinnerungsbilder" an seine NSDAP-Mitgliedschaft zu haben, räumte aber ein: "Ich verstehe, dass viele von mir enttäuscht sind. Ein bisschen frühere Deutlichkeit, etwa am Ende der 50er und am Anfang der 60er Jahre, wäre um der umfassenden Redlichkeit willen angezeigt gewesen."

Moralische Instanz

Viele sahen in Jens eine moralische Instanz und einen engagierten Demokraten. Der "Spiegel" würdigt ihn als einen "der prägenden Intellektuellen der westdeutschen Nachkriegsgeschichte". Intellektuelle müssten sich einmischen und warnen, war Jens' Credo. In den vergangenen Jahren verstummte der Philologe aber zusehends. (APA/red, derStandard.at, 10.6.2013)