Wien - Vor den "echten Betonierern" bei der Neugestaltung des Lehrerdienstrechts warnt die von der konservativen FCG dominierte AHS-Lehrergewerkschaft. "Selbst ernannte Bildungsexperten" würden den neuen ÖVP-Vorschlag dafür nutzen, politisches Kleingeld zu machen und die Botschaft verbreiten, dieser würde ein von der AHS-Gewerkschaft gefordertes Zweiklassensystem einzementieren, hieß es am Freitag in einer Aussendung. Die AHS-Lehrer würden aber nach wie vor dazu stehen, dass eine masterwertige Ausbildung auch eine masterwertige Bezahlung aller Lehrergruppen erfordere.

Bei vergleichbarer Ausbildung sollen Volksschullehrer und AHS-Lehrer gleich viel verdienen

Eine Aufrechterhaltung verschiedener Gehaltsstaffeln bedeutet für die Gewerkschafter nicht, dass Volksschullehrer bei künftiger Ausbildung auf Masterniveau weniger verdienen sollten als AHS-Lehrer mit vergleichbarer Ausbildung. Unterschiedliche Staffeln würden aber der Schulrealität gerecht: Auch derzeit würden etwa Studenten anders bezahlt als Personen mit universitärem Lehramtsstudium. "Und auch weiterhin werden wir im Schulsystem in manchen Bereichen Personen beschäftigen (müssen), die keine spezifische Ausbildung haben", so die AHS-Gewerkschafter weiter. Das "reflexartige 'Njet' zu allem, was nicht der eigenen Meinung entspricht", zeige sehr deutlich, wo die "echten Betonierer" sitzen.

Mehr Zeit für Junglehrer

Einen falschen Fokus sieht VP-Wissenschaftssprecherin Katharina Cortolezis-Schlager bei der Diskussion um das Lehrerdienstrecht. Statt einer großen Reform müsse man sich primär um Angebote für die in den nächsten Jahren mit dem Studium fertig werdenden Junglehrer kümmern, die noch nicht unter die neue Lehrerausbildung fallen und sich dementsprechend parallel zum Berufseinstieg nachqualifizieren müssen, so Cortolezis-Schlager.

"Statt einer Erhöhung der Lehrverpflichtung brauchen die Junglehrer in den kommenden Jahren Zeit zum Lernen." Neben der Tätigkeit als Klassenlehrer sollten alle Junglehrer, die nach dem alten System ausgebildet sind, Zeit bekommen sich nachzuqualifizieren, meinte die VP-Wissenschaftssprecherin. Diesen Neulehrern im Pflichtschulbereich, die derzeit eine deutlich kürzere Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen (PH) absolviert haben, fehlten zum Berufseinstieg zwei Studienjahre - die fehlende Ausbildung sollten sie berufsbegleitend in einem eigenen zweijährigen Masterstudium nachholen können. "Eine Erhöhung der Lehrverpflichtung zu Berufsbeginn und gleichzeitig ein berufsbegleitendes Masterstudium sind zeitlich überfordernd. Entweder leidet dann der Unterricht oder das Studium."

Berufsbegleitende Angebote

Die neue Lehrerausbildung soll in der kommenden Woche im Nationalrat beschlossen werden. Die ersten komplett nach dem neuen System ausgebildeten Pädagogen werden aber erst frühestens 2018/19 mit dem Studium fertig sein - wer bis dorthin sein Studium noch im alten System beendet, muss sich nachqualifizieren, wenn er ebenfalls einen vergleichbaren Bachelor- bzw. Masterabschluss haben will. "Es ist jetzt vordringlich, für diese Personen berufsbegleitende Angebote dafür zu entwickeln - berufsbegleitend deshalb, weil uns diese Lehrer sonst im Klassenzimmer fehlen würden", so Cortolezis-Schlager.

Eine Lösung für diese Junglehrer verlange höchstens eine rasche Novelle des bestehenden Dienstrechts, meinte die VP-Wissenschaftssprecherin. "Es stellt sich aber die Frage: Braucht man jetzt noch eine große Reform?" Sie wünsche sich beim Thema Dienstrecht einen "ebenso professionell aufgestellten Prozess wie bei der Ausbildungsreform und keinen Husch-Pfusch".

Aussetzung der Dienstrechtsverhandlungen

Die Lehrervertreter der Unabhängigen GewerkschafterInnen (ÖLI-UG) fordern in einer Aussendung unterdessen das Aussetzen der Dienstrechtsverhandlungen während des laufenden Wahlkampfes. Sie lehnen sowohl den Regierungs- als auch den VP-Vorschlag ab. (APA, 7.6.2013)