Die EU-Justizminister sind am Donnerstag in Luxemburg zusammengekommen, um erneut über die strittige Reform des Datenschutzes in der EU zu beraten. Die irische EU-Ratspräsidentschaft will nur einen generellen Grundkonsens in vier von zehn Verhandlungsbereichen sicherstellen, wie der irische Innenminister Alan Shatter vor der Sitzung sagte. "Nichts wird vereinbart, bis alles vereinbart ist", sagte er.

Zu komplex

Österreich ist durch Justizministerin Beatrix Karl vertreten, inhaltlich ist für die EU-Datenschutzreform aber das Bundeskanzleramt zuständig. Shatter sagte, er glaube nicht, dass die Reform zu komplex wäre, um in kurzer Zeit beschlossen zu werden. Das angestrebte EU-Regelwerk würde einen besseren Rechtsrahmen bieten, als der bestehende Rechtsrahmen von 1995. Die Datenschutzreform sei eine Priorität der irischen EU-Ratspräsidentschaft. Zu Beginn des Jahres hätte niemand gedacht, dass man so weit in den Verhandlungen kommen würde.

Nach Angaben von Diplomaten ist die Reform noch weit vor einem Abschluss und eine Fülle von Detailfragen offen. Die EU-Ratspräsidentschaft will einen generellen Konsens zum Anwendungsbereich der Richtlinie, zum Konzept der Einwilligung, zu grundlegenden Datenschutzprinzipien, zum Verhältnis zu Meinungsfreiheit und zum Recht auf Zugang offizieller Dokumente sicherstellen. Außerdem soll sich der Ministerrat zu einem risiko-orientierten Ansatz beim Datenschutz in Unternehmen und zur Anwendung bestehender Zertifikate und Verhaltenskodizes äußern.

Mehr als 3.000 Änderungsanträge

Österreich hat einen generellen Prüfvorbehalt eingelegt und vertritt in den Verhandlungen laut Diplomaten die Position, dass die Neuregelung nicht hinter bestehendem Datenschutzbestimmungen zurückfallen darf. Entsprechende Warnungen hat es auch aus dem EU-Parlament gegeben, welches in dieser Frage mitentscheidet. Mehr als 3.000 Änderungsanträge liegen allein im Parlament zu der Reform vor. Mehrere EU-Staaten hätten noch Bedenken gegen die geplante Grundverordnung, hieß es in Ratskreisen.

Es gebe unter den Staaten starke Tendenzen, das Datenschutzpaket zu verwässern, es drohe die Gefahr, dass es hinter das Niveau von 1995 zurückfällt, sagte der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer (S). Österreich, Schweden, Frankreich und einige andere Staaten hätten daher einen Generalvorbehalt eingelegt. So habe die Hotellerievereinigung davor gewarnt, dass Google bezahlte Anbieter vor tatsächlichen Suchergebnissen reihe, mitunter ohne eine klare Kennzeichnung, was Werbung sei.

Schulfotos von Freunden auf Facebook

Zu den strittigen Punkten, die noch in Verhandlung sind, gehören etwa das von der EU-Kommission geforderte Recht auf Vergessenwerden im Internet, die Anonymisierung privater Daten sowie die Vorgaben für Betriebe. Nach derzeitigem Stand müssten Unternehmen keinen Datenschutzbeauftragten einrichten, sondern hätten nur freiwillig diese Möglichkeit, hieß es. Auch wären die Interessen Dritter - etwa die Veröffentlichung von Schulfotos von Freunden auf Facebook - nicht ausdrücklich an eine Zustimmung der Betroffenen geknüpft.

Eine Armada an Industrie-Lobbyisten habe das EU-Parlament und auch den EU-Ministerrat politisch 'umgedreht', beklagte die österreichische Datenschutz-Initiative "LobbyPlag" gemeinsam mit der Studenteninitiative "Europe-v-Facebook" des Facebook-Klägers Max Schrems. "Nachdem hier Millionen in Lobbying investiert wurden und die Öffentlichkeit wenig davon mitbekommt, wurde aus dem Vorschlag für mehr Datenschutz das Gegenteil. Hier hebelt gerade ein Teil der Industrie ein Grundrecht aus und keiner bekommt es mit", kritisierte Schrems.

Shatter sagte, die EU-Justizminister wollten auch über den jüngsten Bericht der EU-Grundrechteagentur sprechen, der eine weit verbreitete Homophobie in Europa festgestellt hat. Ziel sei eine gemeinsame Strategie gegen Hassverbrechen, Xenophobie, Antisemitismus und Homophobie, sagte der irische Justizminister. (APA, 6.6. 2013)