Wien - Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat ein offizielles Ermittlungsverfahren gegen den heimischen Stahlkonzern Voestalpine eingeleitet. Vorausgegangen war eine Sachverhaltsdarstellung des Umweltdachverbandes. Dieser hatte den "Verdacht auf Nichtbezahlung des gesetzlich vorgeschriebenen Altlastensanierungsbeitrages für LD-Schlacke" angezeigt. Die vermutete Beitragshinterziehung wurde vom Umweltdachverband mit "mehr als 40 Millionen Euro" für die vergangenen fünf Jahre beziffert. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft bejahte nun nach einer ersten Prüfung der Sachverhaltsdarstellung einen Anfangsverdacht und leitete Ermittlungen "gegen Unbekannt" ein, wie ein Sprecher dem Standard erklärte.

Worum geht es genau? Schlacke ist ein Schmelzrückstand, der bei der Stahlproduktion anfällt. Grundsätzlich muss dafür ein " Altlastensanierungsbeitrag", eine Art Deponiegebühr, an das Finanzministerium bezahlt werden. Wird die Schlacke aber zum Straßenbau verwendet, entfällt - bei Einhaltung gewisser Umweltauflagen - die Abgabe.

Doppelt so viel Schlacke

Und hier setzt die Argumentation des Umweltdachverbandes an. Er rechnet in seiner Anzeige vor, dass die "jährlich anfallenden Schlackenmengen doppelt so hoch sind wie die Entsorgungsmöglichkeiten im Ingenieur- und Straßenbau". Mit anderen Worten: Für rund 300.000 Tonnen Schlacke, die jährlich auf werksinternem Voestalpine-Gelände gelagert werden und dort über drei Jahre liegen, seien die Beiträge hinterzogen worden.

Ein Voestalpine-Sprecher erklärte, man kenne die Anzeige nicht und habe noch keine Akteneinsicht gehabt. Man setze Schlacke aber seit Jahrzehnten im Straßenbau ein und habe immer alle Auflagen eingehalten. Um für "volle Rechtssicherheit" zu sorgen, werde aber gerade mit dem Umweltministerium über eine Klarstellung in der Recycling- Baustoffverordnung verhandelt. Dort ist geregelt, unter welchen Auflagen Schlacke verwendet werden darf.

Mehr Gewinn

Wirtschaftlich läuft es für die Voestalpine - trotz schwierigem Umfeld - weiter relativ gut. Zwar sank der Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr um 4,4 Prozent, der Gewinn legte aber wegen Einmaleffekten im Jahr davor um 26 Prozent zu. Die Dividende soll von 80 auf 90 Cent je Aktie angehoben werden. Für 2013/14 erwartet Voestalpine-Chef Wolfgang Eder stabile Umsätze und Gewinne. In der Branche ortet er aber nach wie vor Überkapazitäten. Er spricht von 40 bis 50 Millionen Tonnen pro Jahr. " Ein mittelgroßes Stahlwerk erzeugt rund fünf Millionen Tonnen, das heißt, wir haben um acht bis zehn Standorte zu viel", so Eder. Die Voestalpine-Aktie legte nach Präsentation der Bilanzzahlen zeitweise um mehr als sechs Prozent zu. (Günther Oswald, DER STANDARD, 6.6.2013)