Der Bericht von La Rue übt deutliche Kritik an der zunehmenden Überwachung von Bürgern.

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Ein neuer UN-Bericht, verfasst vom Sonderbeauftragten für Meinungs- und Informationsfreiheit, Frank La Rue, warnt vor den Gefahren überbordender Überwachung.

"Wer sind die Autoritäten, die berechtigt sind, die Überwachung Einzelner zu fordern? Was ist das finale Ziel der Speicherung massiver Informationsmengen über unsere Kommunikation?", so La Rue bei der Vorstellung des Berichtes. Er fordert, dass diesen Fragen in allen Ländern umfassend nachgegangen wird.

Nationale Gesetze oft unzureichend

"Sorgen um die nationale Sicherheit und kriminelle Aktivitäten können in Ausnahmefällen die Überwachung von Kommunikation rechtfertigen", so La Rue weiter. "Jedoch gibt es keine oder nur unzureichende nationalen Gesetze, die die nötige, legitimierte und angemessene Beteiligung des Staates darin regulieren."

Er verweist auf die Überwachung von Menschenrechtsaktivisten und Journalisten in vielen Ländern sowie die umfassenden Zensur- und Überwachungsmaßnahmen, mit welchen manche Staaten im arabischen Frühling auf die Proteste der Bevölkerung reagiert haben.

Überwachung immer effizienter

Der Beobachter kritisiert die Vielzahl an Möglichkeiten, welche heute für Überwachung zur Verfügung stehen. Über die Provider und Webdienstleister kann oft schnell auf private Nachrichten der Betroffenen zugegriffen werden, auch das Nachverfolgen von Mobiltelefonen, das Abhören von Gesprächen oder Durchstöbern von SMS ist heute problemlos machbar. Dank moderner Technologien wie Sprach- und Stimmerkennung können immer tiefgreifendere Erkenntnisse mit immer weniger Aufwand gewonnen werden.

37 Millionen Kommunikationsdaten-Abfragen in Südkorea

Der Bericht geht bei vielen Ländern auch ins Detail, wie heise schreibt. So soll es in Großbritannien jährlich 500.000 Zugriffe auf Kommunikationsdaten von Bürgern geben, wobei über 200 Behörden sich die entsprechenden Genehmigungen selbst erteilen kann und gezielte Überwachung von einem Staatssekretär abgenickt wird. In Südkorea wurde innerhalb eines Jahres gar gleich 37 Millionen Mal auf Kommunikationsdaten zugegriffen.

Fortschreitende Automatisierung

La Rue bemängelt auch, dass selbst dort, wo Maßnahmen von einem Richter abgesegnet werden müssen, diese Genehmigungen so gut wie immer erteilt werden. Mit Schnittstellen bei Providern und ähnlichen Ideen wird zudem die Automatisierung der Überwachung vorangetrieben. Indien werkt gar an einem zentralen Monitoring, das die Provider komplett aus dem Spiel nimmt.

Ein weiteres Problem stellt die Überwachung von Bürgern außerhalb der eigenen Landesgrenzen dar – etwa wenn amerikanische Ermittlungsbehörden Auskünfte von Dienstleistern wie Google fordern. Laut La Rue arbeitet die europäische Standardisierungsorganisation ETSI einen Standard für Überwachung bei Cloud-Diensten vor.

Staat soll Bürgerrechte verteidigen

Der Bericht fordert die Anpassung und Aktualisierung nationaler Gesetze, um den Schutz von Kommunikation und Privatsphäre besser aufrecht erhalten zu können – wird dieser durch heutige technische Möglichkeiten doch all zu schnell untergraben. La Rue sieht den Staat in der Pflicht, Bürgerrechte zu verteidigen, wenn sie durch öffentliche oder private Akteure gefährdet sind.

In die Pflicht wird aber auch die UN genommen. So wird empfohlen, die zuletzt 1988 publizierten Erkenntnisse des Menschenrechtsausschusses zum Thema Datenschutz schleunigst zu überarbeiten. (red, derStandard.at, 05.06.2013)