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Check-In heißt es für die Letten, andere Euro-Mitglieder denken eher an den Check-Out.

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In Portugal wird zum nächsten großen Ausstand aufgerufen.

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Protestierende Bürger (im diesem Fall sind es die Pädagogen) auf den Straßen gehört hier schon fast zum Alltag.

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Es gehört in den Krisenländern fast schon zur Tagesordnung: Aus Protest gegen die Sparpolitik in der Euro-Schuldenkrise gehen tausende Menschen auf die Straßen. In Madrid und Lissabon demonstrierten am Wochenende einmal mehr Bürger gegen die Kürzungen im Staatshaushalt und die Sparauflagen der internationalen Geldgeber.

Ende Juni steht in Portugal ein weiterer Großausstand bevor: Die größte Gewerkschaft CGTP ruft am 27. Juni zum Generalstreik auf. Der Zweck der Übung ist für die Gewerkschafter nichts weniger als ein Wechsel der Politik und der Regierung. Das sagt der CGTP-Vorsitzende Armenio Carlos klar und deutlich dieser Tage in Lissabon.

Portugal knabbert an der Krise

Auch wenn nicht alle im Euroland nur tiefschwarz sehen: Portugal knabbert  trotz einzelner Lichtblicke immer noch kräftig an der Schuldenkrise und der Rezession. Darüber hilft auch die bessere Stimmung der portugiesischen Firmenchefs Ende Mai nicht hinweg. Das Land musste vor zwei Jahren von seinen Euro-Partnern und dem Internationalen Währungsfonds mit 78 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt werden und steckt derzeit in seinem tiefsten Konjunkturtal seit den 1970er Jahren. Nach einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von gut drei Prozent im vorigen Jahr, dürfte es auch 2013 um 2,3 Prozent bergab gehen. Für 2014 erwartet die Regierung in Lissabon wieder leichtes Wachstum.

Viele sehen allerdings kein Licht am Horizont. So mag es nicht verwundern, dass sich das Buch "Warum wir aus dem Euro austreten sollen" des Ökonomen João Ferreira do Amaral laut Wall Street Journal derzeit auf der Bestsellerliste ganz oben findet. Der Wirtschaftsprofessor hat errechnet, was Portugal ein Euro-Austritt kosten würde. Amaral beschreibt auch, wie das Land auf geordnete Art und Weise die Eurozone verlassen könnte. Für Portugal würde sich die Sache unter dem Strich rechnen, lautet seine Bilanz. Der Wirtschaftsprofessor greift eine weitere Idee auf: Eine wirtschaftspolitische Neuorientierung Portugals, weg von Europa, hin zur atlantischen Welt mit den historischen Verbindungen nach Angola oder Brasilien.

Eintritt in die Eurozone als Fehler

Dass die Abgeordneten des Landes vor über 20 Jahren mit großer Mehrheit dem Vertrag von Maastricht zugestimmt und so Portugals Weg in die Eurozone geebnet hätten, sei ein großer Fehler gewesen, sagt Amaral dem Deutschlandradio. "Die Einführung des Euro hat in Portugal ein großes Ungleichgewicht in der Wirtschaft geschaffen. Die Investitionen flossen in die Produktion von nicht handelbaren Gütern, die gegen die ausländische Konkurrenz geschützt waren. Das hat dazu geführt, dass sich unser Industrieanteil auf nur 13 Prozent der Wirtschaftsleistung reduziert hat. Und es wird noch schlimmer werden. Wir brauchen deshalb eine Währung, die unsere Wettbewerbsfähigkeit widerspiegelt. Und unsere Wettbewerbsfähigkeit ist gering."

Der Eurokritiker und ehemalige Berater des sozialistischen Staatspräsidenten Mário Soares Amaral galt lange als einziger ernst zu nehmender Eurokritiker in Portugal. Mittlerweile diskutieren auch andere Wirtschaftsexperten das umstrittene Thema. Viele Portugiesen glauben nicht mehr, dass die Krise nach dem strikten Rezept der Troika in den Griff zu bekommen ist. Der Frust richtet sich vor allem gegen die konservative Regierung. Diese hat naturgemäß ein anderes Ziel vor Augen als die Mehrheit der Bevölkerung: Portugal soll wettbewerbsfähiger werden, indem die Arbeitskosten und damit die Gehälter und Löhne gesenkt werden.

Bevölkerung wird ärmer

Die aus anderen Ländern zum Teil bekannten Folgen skizziert Wirtschaftsprofessor Amaral im Deutschlandradio so: "Die Bevölkerung wird immer ärmer. Der Konsum der privaten Haushalte nimmt drastisch ab. Die Arbeitslosigkeit steigt rapide an. Und die Renten werden stark gekürzt. Die Verarmungsstrategie geht weiter, solange wir kein produzierendes Gewerbe haben, das dem Druck von außen standhält."

Dass sein Buch einen Politikwechsel in Portugal bewirkt, erwartet der Wirtschaftsprofessor nicht. Sein Ansinnen bekundet er im Deutschlandradio so: "Natürlich kann kein Politiker sich für einen Euro-Austritt starkmachen. Doch Wirtschaftswissenschaftler wie ich, die über keine politische Autorität verfügen, sollten sich die Frage stellen. Denn es ist wichtig, dass diese Diskussion geführt wird." (Regina Bruckner, derStandard.at, 6.6.2013)