Barrieren überwinden: Das prämierte Buchprojekt "Third Generation" verschafft Einblicke in das Leben Jugendlicher in Nahost.

Foto: Vieira

Schon immer beklagte sich die jeweilige Erwachsenengeneration über die angeblich nichtsnutzige "Jugend von heute" und behauptete, dass sie noch niemals so schlimm gewesen sei. Solche kulturpessimistischen Klagen sind natürlich mit Vorsicht zu genießen. Viele Jugendliche sind weitaus aufgeweckter und engagierter, als Nörgler glauben möchten. Das zeigen auch die Siegerprojekte von "Jugend Innovativ" - Österreichs größtem Schulwettbewerb, der heuer wieder unter der Schirmherrschaft des Wirtschafts- und des Unterrichtsministeriums vom Austria Wirtschaftsservice (AWS) veranstaltet wurde.

Die sieben mit den Hauptpreisen im Wert von 2000 Euro ausgezeichneten Teams haben sich Gedanken über komplexe Zusammenhänge gemacht und akribisch an ihren Ideen gearbeitet. Mafalda Rakos, Iuna Vieira und Raphael Reichl - die Sieger in der Kategorie "Design" - verbrachten für ihr Projekt sogar einen ganzen Monat im Nahen Osten: Die Schüler der Graphischen in Wien-Penzing recherchierten für ihr Fotobuch mit dem Titel Third Generation, das den Alltag von Jugendlichen in Israel und Palästina dokumentiert, mit Kamera und Diktiergerät vor Ort.

Ein Buch mit neuen Stimmen

"Der Nahost-Konflikt ist in den Medien so präsent, aber kaum jemand hat eigentlich ein Verständnis für das Thema. Vor allem werden die Jugendlichen vor Ort, die so viel zu sagen und häufig auch überraschende Meinungen haben, nicht gehört. Das möchten wir ändern", erläutert Iuna Vieira die Grundidee des Projekts. Insgesamt zwei Jahre wurde an dem Buch gearbeitet: Bereits vor der Reise informierte sich das Team intensiv, um auf die mehr als komplizierten Zustände im Nahen Osten entsprechend vorbereitet zu sein.

Selina Neuner, Katrin Oppeneiger und Michelle Uitz von der BHAK Telfs dagegen wollen wiederum Menschen helfen, für die das Leben hierzulande eine neue ungewohnte Situation ist. Das Projekt "Asyl - Start Your Life" soll Asylwerber dabei unterstützen, Arbeit zu finden. Das ist nicht immer einfach, da die Flüchtlinge nur für gemeinnützige Institutionen, Landgemeinden und Vereine arbeiten dürfen - zudem nicht regelmäßig und für einen Stundenlohn von höchstens drei Euro.

Mithilfe einer Onlineplattform werden Kontakte zwischen den betreffenden Organisationen und dem jeweiligen Flüchtlingsheim hergestellt. Des Weiteren haben die Schülerinnen eine Lösung gefunden, damit die Asylwerber auch in der Privatwirtschaft arbeiten können: Die bestehende Regelung wird umgangen, indem die Flüchtlinge für ihre Arbeit von einer sogenannten "Zeitbank" nicht mit Geld, sondern mit Deutschunterrichtsstunden bezahlt werden. Michelle Uitz: "Die größte Schwierigkeit war, die Gemeinden davon zu überzeugen, dass die Flüchtlinge wirklich arbeiten wollen. Inzwischen haben sich aber sieben Gemeinden gefunden, die unser System nutzen." Durch das Projekt konnte so bereits von 80 arbeitsuchenden Asylwerbern mehr als die Hälfte vermittelt werden.

Das Verfahren "Soilution" ist dagegen noch nicht im Einsatz, soll aber schon 2014 zugelassen werden und dann einen Beitrag für die Umwelt leisten. Die Schülerinnen und Schüler des vierten Jahrgangs der HLFS Ursprung in Elixhausen haben eine ökologische Innovation für die Landwirtschaft entwickelt.

Handzeichen entschlüsseln

Die Firma Isocell im benachbarten Neumarkt suchte einen Weg, um ihren Produktionszyklus, bei dem mit Borsäure versetztes Altpapier als Dämmmaterial verwendet wird, nachhaltig zu schließen. Die Idee der Schüler war es, das Material zu verkohlen, um es als mineralstoffreichen Bordünger zu nutzen. Im Gegensatz zu den handelsüblichen Bordüngern ist dieses Produkt erheblich billiger und ermöglicht es zudem, Kohlenstoff, der sonst als Kohlendioxid in die Atmosphäre entweichen würde, in den Böden zu binden.

Andere Projektteilnehmer arbeiten statt auf dem Land im virtuellen Raum. Georg Adelmann, Markus Taus, Christoph Teni und Simon Wünscher von der BHAK Weiz etwa haben ein Programm erstellt, um Gehörlosen die Kommunikation mit Menschen zu erleichtern, die der Gebärdensprache nicht mächtig sind: Die Steirer modifizierten einen Datenhandschuh, um einzelne Gesten der Gebärdensprache zu erkennen und auf einem Bildschirm übersetzt anzuzeigen. "Es war eine Herausforderung trotz der Abweichungen, die es bei jeder Gebärde gibt, präzise Ergebnisse zu erzielen und die einzelnen Werte für das neuronale Netz anzupassen. Der nächste Schritt wäre jetzt, mit einem echten Experten und einem besseren Eingabegerät weiterzuarbeiten", sagt Simon Wünscher.

Vom Roboter operiert

Die Gewinner der Kategorie "Engineering" sind schon weiter: Die Erfindung von Dominik Kovács, Thomas Steinlechner und Yuki Trippel von der HTBLuVA Mödling wird derzeit patentiert und soll bald bei einem Medizintechnikunternehmen in Produktion gehen: Mithilfe ihres Roboterwerkzeugs lassen sich getrennte Darmenden so zusammennähen, dass dabei nur minimal Gewebe verletzt wird. Fritz Schmöllebeck, Rektor der FH Technikum Wien und Sprecher der Jury, begründete die Auszeichnung mit dem hohen Innovationspotenzial des Projekts: "Minimal invasive Operationsmethoden gewinnen an Bedeutung: Sie sind für Patienten schonender, der Spitalsaufenthalt wird kürzer und das Operationsrisiko deutlich reduziert."

An Menschen haben die Jungingenieure ihre Schöpfung natürlich nicht getestet, aber auch hier bewiesen sie Kreativität. Yuki Trippel: "Wir haben an einem Schweinedarm vom Fleischhauer die Materialbeschaffenheit studiert und anschließend einen 'Ersatzdarm' aus Moosgummi gebaut." (Johannes Lau/DER STANDARD, 5.6.2013)