Die europäische "High Level Group on Media Freedom and Pluralism" hat einen Bericht zur Freiheit und Vielfalt der Medien vorgelegt, den das Europäische Parlament vergangene Woche angenommen hat. Nun sollen erste Schritte gesetzt werden: Auch solche, die auf mehr Selbstverantwortung der Medien abzielen. Der Europäische Verlegerverband spricht sich gegen EU-weite Standards aus. Wie weit soll Europäische Regulierung im Medienbereich gehen?
Freiheit...
In ihrem im Jänner erschienen, lesenswerten Bericht über "Freie und pluralistische Medien als Rückhalt der europäischen Demokratie" geben die Autorinnen (u.a. die frühere lettische Präsidentin Vaira Vike-Freiberga und die ehemalige deutsche Justizministerin Hertha Däubler-Gmelin) eine ganze Reihe von Empfehlungen. Da geht es um Harmonisierung des EU-Rechts, um Berücksichtigung des Medienpluralismus bei der Anwendung des Wettbewerbsrechts, um Netzneutralität, Medienkompetenz, Journalismusförderung und vieles mehr.
Zentral aber sind die Themen Medienfreiheit und Medienverantwortung. Die Autoren fordern - erstens - Stärkung von Medienfreiheit und -pluralismus, unter anderem durch regelmäßiges Monitoring, durchzuführen durch die Europäische Grundrechteagentur (mit Sitz in Wien) oder andere unabhängige Beobachtungsstellen. Empfohlen wird außerdem, Einmischungen der Regierungen in öffentlich-rechtlichen Medienanstalten durch strikte Regeln auf europäischer Ebene zu unterbinden.
...und Verantwortung...
Neben Freiheit für die Medien wird - zweitens - ihre Verantwortbarkeit (Accountability) gefordert. Journalisten- und Medienverbände sollen ihre Verhaltensregeln und journalistischen Berufsstandards an die Herausforderungen einer sich rasch verändernden Medienlandschaft anpassen, und vor allem: Jedes EU-Land solle einen Medienrat installieren, der etwa dem Prinzip von Presseräten folgt. Also vom Staat unabhängige, von der Branche selbst eingerichtete Gremien, deren Regulierungen der selbst zu definierenden Professionsethik entsprechen.
Das nun wird wohl von Manchen als Eingriff in die eigenen Rechte gesehen: Prompt reagierte der Europäische Verlegerverband (ENPA) mit einer Resolution. Darin heißt es unter anderem, dass EU-Standards ebenso strikt abgelehnt würden wie die Idee eines EU-weiten Monitorings. Lediglich freiwillige nationale Selbstregulierung "könne" entwickelt werden.
...hängen zusammen, nicht nur in der Individualethik
Da bleibt unberücksichtigt: In vielen europäischen Ländern gibt es keine funktionierende Selbstkontrolle. Auch in Österreich arbeitet nach langer Pause erst seit 2011 wieder der Presserat. Journalistische Verantwortung kann aber nicht ausschließlich Frage der praktischen Ethik sein und so auf den einzelnen Journalisten, die einzelne Journalistin abgewälzt werden: Sie betrifft die gesamte Profession. Was diese Profession als ihre Berufsregeln definiert, ist im Journalismus weder von Nationalstaaten noch von der EU vorzugeben. Aber dass es solche Regeln und Mittel zu ihrer Umsetzung geben muss, das sollte europäischer Konsens werden. (Daniela Kraus, derStandard.at, 3.6..2013)