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Die Energiepolitik des Westens macht Gazprom zu schaffen.

Foto: Reuters/Maxim Shemetov

Moskau/Berlin - Die Gewinne beim russischen Staatskonzern Gazprom sinken drastisch, weil Kunden sich anderswo billiger versorgen. Auch im eigenen Land bekommt der Platzhirsch Konkurrenz von unabhängigen Produzenten. Richtig sauer sind die Russen aber noch aus anderen Gründen. Kremlchef Wladimir Putin will bei einem Gipfel mit der EU-Spitze in Jekaterinburg am Ural seinem Ärger über die Energiepolitik des Westens Luft machen.

Besonders dürfte dies EU-Energiekommissar Günther Oettinger zu spüren bekommen. Er hat bei Kommentatoren in Moskau den Ruf eines Russland-Hassers. So stören sich die Russen an Oettingers Einsatz für eine Pipeline durch das Kaspische Meer unter Umgehung Russlands - wo doch das Land am liebsten alle Leitungen nach Westen selbst legen und füllen möchte. Außerdem stößt sich der Kreml an dem von der EU-Kommission eingeleiteten Kartellverfahren gegen Gazprom.

Medwedew wirft Europa Eisseskälte vor

Gazprom-Vize Alexander Medwedew wirft den Eurokraten vor, das Verfahren politisch zu inszenieren, um die Preise zu drücken. Und er beklagt, dass die EU mit Eiseskälte russischen Vorhaben wie der Pipeline South Stream durch das Schwarze Meer begegne.

Putin dürfte zudem erneut über das dritte Energiepaket schimpfen. Das verbietet dem Produzenten Gazprom, gleichzeitig auch Gaslieferant sowie Eigentümer von Transportleitungen zu sein. Die Russen streben vielmehr seit langem den Zugang auch zu Endkunden in der EU an.

Dass Gazprom immer weniger seine oft als zu hoch kritisierten Preise durchsetzen kann, bringt auch Russland, das am Tropf dieser Einnahmen hängt, zunehmend unter Druck. Die Risiken für das russische Staatsbudget steigen, wie Analysten warnen.

Schiefergas in der Kritik

Nicht zuletzt sehen die Russen ihre Pläne im internationalen Gaspoker von den USA durchkreuzt. Die Förderung von unterirdischem Schiefergas in den Vereinigten Staaten hat den Konzern kalt erwischt. Dabei macht den Russen weniger die Methode Angst als die Rolle der Amerikaner als Energieexporteure. Eine erste Folge ist, dass Gazprom nun sein Schtokman-Feld in der Arktis vorerst doch nicht ausbeuten will und dies lieber künftigen Generationen überlässt.

"Unser Geschäft bedroht das aber nicht, wie manche meinen", betont Alexander Medwedew in einer Broschüre zum 40. Jubiläum von Gazprom Export. Es sei für den weltgrößten Gasexporteur weiter günstiger, den "blauen Treibstoff" auf herkömmliche Weise zu fördern.

Rund 70 Prozent des russischen Gasexports gehen in die EU mit Deutschland als größtem Einzelabnehmer. Die Russen erwarten auch weiter einen wachsenden Bedarf. Wenn Gazprom-Chef Alexej Miller an diesem Donnerstag in Leipzig mit Vertretern der Verbundnetz Gas AG auch an 40 Jahre Liefertreue für Deutschland erinnert, dürfte er einmal mehr auf die Zukunft von verflüssigtem Erdgas (LNG) eingehen.

Die Flotte der LNG-Tanker solle von derzeit drei auf sieben Schiffe erweitert werden, kündigte Miller unlängst an. Geplant sind auch neue Produktionsstandorte für LNG. Zudem hoffen die Russen, dass der Umstieg auf Gas als Kraftstoff für Autos nicht nur in Deutschland, sondern auch im eigenen Land vorankommt.

Deutschlands Atomausstieg

Im Jubiläumsjahr warnt Gazprom aber seine Kunden auch davor, die alten Lieferverträge aufzugeben - und an Spotmärkten einzukaufen. "Die langfristigen Verträge sind das Fundament des Gasgeschäfts", sagt Gazprom-Vize Medwedew. Er befürchtet, dass sich Milliardeninvestitionen in neue Leitungen wie die Ostseepipeline Nord Stream wegen mangelnder Auslastung am Ende erst viel später rechnen könnten als erwartet. Vor allem nach dem deutschen Atomausstieg hatten die Russen auf noch deutlich mehr Absatz von Gas gehofft.

Existenzängste plagen den Gasriesen dennoch nicht. Putin und Miller haben immer wieder demonstrativ vor großen Landkarten posiert und nicht nur in Gedanken Pipelines in den asiatischen Raum gezogen. Dort sehen sie sich einem gigantischen Energiehunger konfrontiert - und mit der Aussicht, immer höhere Preise für Gas zu kassieren. (APA, 3.6.2013)