So wirklich glücklich hat Alfred Gusenbauer als Bundeskanzler nie gewirkt, und so wirklich glücklich war auch seine Amtszeit nicht. Man kann ihm nicht verübeln, dass er nach seiner unsanften Absetzung durch seine eigenen Parteifreunde 2008 sich mit seinen 46 Jahren nach lukrativen Tätigkeiten außerhalb der Politik umgesehen hat. Seine kurze Rückkehr in die AK Niederösterreich war weder passend noch glaubwürdig. Dass der langjährige SP-Chef nun als Investor tätig ist und im Aufsichtsrat mehrerer Bau- und Immobilienkonzerne sowie des Glücksspielkonzerns Novomatic sitzt, mag zwar viele Genossen irritieren, ist aber immer noch seine Privatsache.

Doch mit seinem Engagement für den kasachischen Diktator Nursultan Nasarbajew hat Gusenbauer moralische Grenzen überschritten und sich höchst angreifbar gemacht - unabhängig davon, ob an den jüngsten Spitzelvorwürfen irgendetwas dran ist. Dass auch Tony Blair für Kasachstan arbeitet, macht die Sache nicht besser.

Viele ehemalige Regierungschefs stehen vor dem Problem, dass ihre politische Laufbahn in einem Alter zu Ende ist, in dem sie sich noch nicht aufs Altenteil zurückziehen können. Auf private Vermögen können sie selten zurückgreifen; nur wenige haben - wie Viktor Klima bei VW - die Chance auf einen Topmanagementjob; und die Posten in internationalen Organisationen sind beschränkt und heißbegehrt. Der einfachste Weg ist es, seinen Ruf und seine Kontakte zu Geld zu machen - über Reden, Beratertätigkeiten oder Aufsichtsratsmandate.

Das geht, solange ein gewisses Augenmaß behalten wird. Gerade Sozialdemokraten können hier leicht ausrutschen, indem sie als zu gierig und prinzipienlos erscheinen; Peer Steinbrück weiß davon ein Lied zu singen. Bill Clinton erhält zwar noch viel höhere Rednerhonorare, ist aber zumeist durch erfolgreiche Charity in den Medien. Auch bei Blair wird die peinliche Kasachstan-Connection durch seine Nahost-Vermittlung und das Wirken seiner Stiftungen ein wenig aufgewogen. Bei Gerhard Schröders Gasprom-Job nimmt man ihm zumindest ab, dass ihn mit Wladimir Putin eine echte Freundschaft verbindet.

Gusenbauer hat aber - außer ein paar Harvard-Vorlesungen - seit seinem Rücktritt der Allgemeinheit wenig zurückgegeben; er hat sich und seinen Namen verkauft. Doch wer einmal als Handlanger eines Autokraten am Pranger steht, dessen Name ist bald nicht mehr viel wert. (Eric Frey, DER STANDARD, 3.6.2013)