"Ceres und die vier Elemente" (1604; Detail) lassen Jan Brueghel d. Ä. und van Balen in Üppigkeit - Gemüse und Seafood - schwelgen. 

Foto: KHM Wien

"Und dann schicke ich Dir die Meine und behalte hier die Deine; und wenn Du fertig bist mit der, dann schickst Du mir die wieder her ...", schrieb Dieter Roth 1973 an Arnulf Rainer. Ein Malduett zwischen Wien und Braunschweig - oder vielmehr ein Duell: "Jeder wollte den Stil des anderen zerstören", wollte größere Virtuosität beweisen, beschrieb Rainer einmal diese malerische Kooperation. Was Rainer und Roth, Warhol und Basquiat oder Oehlen und Kippenberger verband, war die Hoffnung, aus der Auseinandersetzung mit dem Gegenüber auf Augenhöhe neue Impulse zu schöpfen.

Dass solch experimentelle Bildkonzepte aber keinesfalls eine Erfindung des an Avantgarden reichen 20. Jahrhunderts sind, sondern bereits im 17. Jahrhundert Teamwork zu künstlerischen Innovationen genutzt wurde, darf erstaunen. Der Postillion war auch den Freunden Hans Rottenhammer und Jan Brueghel d. Ä. ein Komplize; schickten sie doch ihre auf kleinen, stabilen Kupferplatten gearbeiteten Bilder quer über die Alpen, von Venedig nach Antwerpen und retour. Brueghel sorgte für feine Landschaften, Rottenhammer für mythologische und biblische Gestalten. Ein fruchtbares Geschäft, denn kleine Landschaften boomten.

Angestoßen hat das Prinzip der Gemeinschaftsproduktion in der flämischen Malerei freilich die Kommerzialisierung von Kunst. Ganz so wie später Betriebe rationalisiert wurden und Arbeit im Sinne der Effizienz zerlegt wurde, optimierte man die Bildproduktion - jedoch anders in den Meisterwerkstätten - durch die Kooperation von Spezialisten: einer übernahm Komposition, ein anderer Details der Ausführung.

Insbesondere Jan Brueghel der Ältere (1568-1625), Spross des sogenannten Bauernbrueghel, war dank seiner malerischen Vielseitigkeit - er war ein Meister der Landschaft und floraler wie tierischer Details - ein besonders produktiver Teamworker. Fast 50 Prozent seiner Werke entstanden in Kooperation mit neun anderen Malern; die meisten mit Hendrik van Balen. Da die Freunde noch dazu in Antwerpen in der gleichen Straße lebten, konnten sie die Verflechtung ihrer üppigen und detaillierten Allegorien perfektionieren.

"Mein Sekretär Rubens"

Dass Gemeinschaftsbilder von Künstlern ebenbürtigen Formats populär wurden, könnte auch das Bild die Versuchung des Hl. Antonius von Joachim Patinir und Quinten Massys (um 1520/24) angeregt haben, das Isabella Clara Eugenia von Spanien, Statthalterin der spanischen Niederlande, aus der Sammlung ihres Vaters Philipp II. kannte. Von der Verschmelzung zweier Stile versprach man sich einmalige und nicht nur in der Qualität außerordentliche Ergebnisse. Mit der Madonna im Blumenkranz erfand Brueghel mit Van Balen um 1607 sogar ein vollkommen neues Genre. Dieses sollte er später noch weiterentwickeln - mit Rubens.

Auch diese beiden waren Freunde und wohl weit entfernt von einem Machtkampf. Die Hosen hatte dennoch Brueghel an, das zeigen die Landschafts- und Stilllebenauffassungen der Gemeinschaftswerke. Jan durfte Peter Paul, der ihm dank besserer Italienischkenntnisse bei der Korrespondenz mit Kardinal Borromeo half, dort auch sehr jovial "mein Sekretär Rubens" nennen.   (Anne Katrin Feßler, Album, DER STANDARD, 1./2.6.2013)