Alles Gute kommt von oben: Vadim Zakharov bedenkt die Besucher des russischen Pavillons mit einem Geldregen.

Foto: Höller



 

Zur Biennale hatten in Venedig wieder einmal zahlreiche Superyachten geankert. Die 115 Meter lange Luna fehlte jedoch. Vor zwei Jahren hatte das Schiffchen von Roman Abramovich die Sicht vor den Giardini verstellt. Dafür bekam der Multimilliardär im britischen Pavillon nun die Rechnung präsentiert: Künstler Jeremy Deller zeigt einen historischen Denker, der die Luna versenken möchte. Eine erneute Präsenz des Vehikels hätte wohl zu bösen Schlagzeilen geführt.

Zwar ist China in Venedig 2013 nicht zu übertreffen - neben dem offiziellen Auftritt zeigen Institutionen aus der Volksrepublik mehr als zehn Ausstellungen. Doch im Stadtbild ist vom chinesischen Publikum nichts zu bemerken. Die russische Präsenz bleibt hingegen - Abramovichs Abwesenheit zum Trotz - äußerst auffällig. Nicht nur, weil dieser Tage nahezu die gesamte Moskauer Kunstszene durch die Lagunenstadt flanierte.

Neue Bescheidenheit

Die aktuelle Biennale illustriert dabei eine Trendwende: Jahrelang war in Venedig auf laute russische Selbstinszenierung gesetzt worden. Der zeitgenössischen Kunst aus Russland brachte dies wenig - eine nachhaltige internationale Positionierung blieb aus. Angesichts einer Krise des russischen Kunstmarkts setzt man nun auf das Ausland, eine neue Bescheidenheit und auf Kuratoren aus dem Ausland.

Letzteres gilt etwa für den Pavillon im Giardini: Oligarchengattin Stella Kesaeva, die den nationalen Auftritt zum zweiten Mal verantwortet, hatte sich für den Konzeptkünstler Vadim Zakharov entschieden. Anschließend wurde mit Udo Kittelmann, dem Direktor der Nationalgalerie in Berlin, ein prominenter Kurator gefunden.

Die Rauminstallation, die auf den antiken Dana?-Mythos und die korrumpierende Macht des Geldes verweist, lässt sich als ironischer Kommentar zur Gier von Russlands herrschender Klasse lesen, der von Zakharov inszenierte Geldregen zählt zu den starken Bildern der Biennale. 1,2 Millionen Euro kostete das Projekt. Wodka, Brötchen und große Partys zur Eröffnung waren sichtlich nicht mehr kalkuliert.

Auf Pomp verzichtete auch ein Großprojekt, das an der Universität von Venedig Schlüsselwerke gleich mehreren Künstlergenerationen aus Russland zeigt: Der italienische Kurator Antonio Geusa leistet in Lost in Translation wertvolle Übersetzungsarbeit - die Ausstellung handelt von russischen Realien und Vorkommnissen, die im Ausland einer Übersetzung bedürfen. Derart ernst gemeinte Vermittlungsbemühungen im Ausland waren zuvor eher selten gewesen.

Stiftung eines Magnaten

Neben zahlreichen weiteren russischen Präsentationen zeichnen sich in Venedig insbesondere die Aktivitäten von V-A-C aus. Diese Stiftung des politisch loyalen Gasmagnaten Leonid Michelson, die nach seiner Tochter Viktoria benannt ist, unterstützt bisweilen radikale Spielarten einer politischen Kunst - gleichzeitig gilt der Milliardär aber als loyal zum Kreml.

In Venedig spannt V-A-C den Moskauer Aktionskünstler Anatoli Osmolowski in einer Schau mit dem polnischen Biennale-Teilnehmer Pawel Althamer zusammen. Zudem hat sich die Moskauer Stiftung professionell mit dem Hauptevent vernetzt: Sie ist nicht nur einer der Sponsoren der Biennale. Kurator Massimiliano Gioni sitzt praktischerweise auch im Beirat der Moskauer Stiftung.

Im Hauptprojekt "Il Palazzo Enciclopedico" zeigt Gioni auch den talentierten Moskauer Videokünstler Viktor Alimpiev. Auch dieser kooperiert mit V-A-C.  (Herwig G. Höller aus Venedig, DER STANDARD, 1./2.6.2013)