Noch Hirngespinst, bald vielleicht schon Realität: Schwebende quallenförmige Gebilde sollen die Luft reinigen.

Fotos: Hao Tian, Huang Haiyang und Shi Jianwe
Fotos: Hao Tian, Huang Haiyang und Shi Jianwe

Die erstmalige Überschreitung der CO2-Konzentration von "400 parts per million" (ppm) in der Atmosphäre macht in den USA nicht weiter Eindruck. Die Amerikaner bleiben dabei, den Anteil erneuerbarer Energie bis zum Jahr 2030 nur sachte von acht auf 16 Prozent zu erhöhen. Der Rohölanteil soll im Vergleich dazu geringfügig von 84 auf 70 Prozent sinken.

Gleichzeitig wollen sich die USA aber ihren globalen Marktanteil im Clean-Tech-Bereich sichern. Außer Solarkollektoren in der Mojave-Wüste im Westen des Landes oder Windenergie, die zusammen etwa drei Prozent des Gesamtenergieverbrauchs decken, gibt es noch wenig konkrete Vorschläge, wie diese sauberen Energietechnologien aussehen sollen.

Ausgefallene Ideen wie ein umgebautes Fahrrad oder schwebende quallenförmige Gebilde, die die Luft reinigen sollen, haben bestenfalls Unterhaltungswert. Die bis dato kühnste Idee, nämlich die eines CO2- Staubsaugers, wird von Wissenschaftern mit großen Bedenken kommentiert. So bedarf es laut Studien der Oxford University in England zur Entsorgung einer jährlichen Menge von 30 Gigatonnen CO2 rund 75.000 Gigatonnen trockener Luft und so viel Wassers, dass viele Landstriche vermutlich austrocknen würden.

Radikale Ideen

Die Washington Post berichtet von noch radikaleren Ansätzen wie dem Düngen des Ozeans mit Eisen, um Planktonwachstum zu fördern. Jedoch beeinträchtigt das die Fischerei und führt mitunter zu einer Wasservergiftung durch Algenblüte ("rote Gezeiten").

Auch beim sogenannten Geo-Engineering stößt man bald auf die Erkenntnis, dass der Mensch ins Gleichgewicht des Ökosystems miteingebunden ist. Eine Idee wie das Injizieren feiner Partikel in die Luft, die dann einen Teil des Sonnenlichts ins Universum zurückwerfen, um die Erderwärmung zu verlangsamen, hätte umgesetzt eine Störung der natürlichen Niederschlagszyklen zur Folge.

Welche Möglichkeiten sich anbieten, ohne dass der Energieheißhunger der USA rasch gedrosselt würde, bleibt offen. Die renommierte Wochenzeitschrift New Yorker ist jedenfalls alarmiert: "Je hoffnungsloser die Situation erscheint, umso attraktiver werden diese Wahnsinnsexperimente."

Man wartet auf ein Machtwort von Präsident Barack Obama. Wenn die Regierung vor gut 40 Jahren schon den ersten Mondflug bewerkstelligt hat, warum nicht jetzt den Klimaschutz? "Was wir wirklich brauchen, ist eine grundlegende Veränderung der amerikanischen Politikwirtschaft, die nicht nur unserer Gesellschaft, sondern auch der Erde zugutekommt", sagt der vormalige Dekan der Yale School of Forestry & Environmental Studies, Gus Speth.

Derzeit sucht das Verteidigungsministerium in einer Ausschreibung nach innovativen Lösungen zur Senkung der Energiekosten und zur Reduzierung der Energieimporte. Die einzige Hoffnung dabei ist, dass jene von der Armee übernommenen und weiterentwickelten Systeme wie das Internet auf den täglichen Gebrauch übertragen werden können. Ob die Zeit dafür ausreicht, ist eine andere Frage.

Pioniergeist verflogen

Im Vergleich zu den Dänen, die bis 2025 emissionsfrei sein wollen, ist der vielgepriesene Pioniergeist der Amerikaner durch jahrzehntelangen Einfluss von Kaufreizen abhandengekommen. Jener der Risikokapital- Investoren, die mit Versprechen auf große Gewinne in den Clean-Tech- Sektor gelockt wurden, scheint zumindest etwas getrübt, auch wenn Klimaprediger Al Gore weiterhin positive Zeichen setzt. Schnelle Profitstrategien decken sich nicht mit jenen der Nachhaltigkeit.

Der Yale-Aussteiger Billy Parish hat einen möglichen Ansatz: durch Crowdfunding, das im weitesten Sinn kollektives Besitztum stärkt, erneuerbare Energie für die kommerzielle Nutzung zu bewerben. Für sein erstes 157.750-Dollar-Projekt (122.000 Euro), das Ronald-McDonald-Haus in San Diego, fanden sich in nur sechs Stunden 171 Investoren.

Ein Vorzeigebeispiel ist die privat finanzierte Bierbrauerei Brooklyn Breweries. Als erstes Unternehmen in New York setzt sie nicht nur komplett auf Windenergie, sondern betreibt auch ihre sonstigen Abläufe von Wasser- bis Abfallverwertung nachhaltig. Der Generaldirektor Eric Ottaway setzt positive Zeichen: "Nachhaltigkeit ist für uns eine Selbstverständlichkeit." (Sandra Pfeifer, DER STANDARD, 1.6.2013)