Wie die Spitzenkandidaten eingeschätzt werden

Grafik: Der Standard

Linz - Welcher Kanzlerkandidat würde Österreich am besten für die Herausforderungen der kommenden Jahre vorbereiten? Je ein knappes Viertel der Wahlberechtigten traut das Amtsinhaber Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) zu, mit deutlichem Abstand folgt Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Kein anderer Kandidat kommt über zehn Prozent - Heinz-Christian Strache (neun Prozent) wird solche Gestaltungskraft vor allem von den Anhängern der Freiheitlichen zugetraut, Frank Stronach (acht Prozent) von den eigenen Fans, aber auch von auffallend vielen FPÖ-Anhängern.

Dem ÖVP-Chef wird auch in ähnlichem Maße wie seinem sozialdemokratischen Gegenüber zugetraut, sich in Verhandlungen durchsetzen zu können - dass das auf einem bescheiden wirkenden Niveau von 22 Prozent passiert, hängt mit der großkoalitionären Erfahrung zusammen, dass in der Regierung wenig weitergehe.

Geschlossenes ÖVP-Lager

"Die guten Werte für Vizekanzler Spindelegger hängen vor allem damit zusammen, dass er einen außergewöhnlich guten Rückhalt in der Anhängerschaft der ÖVP hat - und 'außergewöhnlich' sage ich, weil das im Vergleich zu früheren Umfragen auffallend und auch im historischen Vergleich bemerkenswert ist. Wenn man nämlich von einer kurzen Phase des Selbstbewusstseins nach der Kür von Josef Pröll absieht, hat es im ÖVP- Lager seit der Kanzlerschaft von Wolfgang Schüssel keine solche Geschlossenheit hinter dem Kandidaten gegeben", beobachtet Market-Chef Werner Beutelmeyer.

Sein Linzer Institut hat für den Standard die Einschätzung der Kanzlerkandidaten in der Bevölkerung abgefragt und ist darauf gestoßen, dass es bei der Wahl im Herbst auf ein Duell zwischen Herausforderer Spindelegger und Amtsinhaber Faymann hinauslaufen wird.

Strache, der seit über einem Jahr bemüht war, eine Duellsituation herzustellen, ist damit bisher nicht wirklich weitergekommen: Nur fünf Prozent geben ihm gute Chancen, Kanzler zu werden - das ist ein ähnliches Niveau, das auch die Grünen-Chefin Glawischnig erreicht.

Strache gilt als Politiker, der sich vor allem um die eigenen Interessen kümmert: Das verringert sein Ansehen - vor allem bei roten und grünen Wählern, aber auch bei vielen Unentschlossenen, die eine Kernzielgruppe der freiheitlichen Werbung darstellen. Umgekehrt wird Strache kaum zugetraut, für alle Österreicherinnen und Österreicher da zu sein. Die Tabelle zeigt: In diesem Punkt genießt Faymann wie bei vielen anderen einen klaren Amtsbonus - gespeist aus Anerkennung in den eigenen Reihen (auf ähnlichem Niveau wie sie Spindelegger bei den Schwarzen genießt) und aus einer koalitionären Zustimmung, die ÖVP-Wähler dem Kanzler gewähren.

Die Tabelle zeigt auch: 40 Prozent trauen Spindelegger "gute Chancen" zu, dass er im Herbst als Kanzler eine Regierung bilden kann - Faymann hat hier nur 16 Prozentpunkte Vorsprung.

der Standard gab für diese Umfrage allerdings zwei weitere - härter gestellte - Fragen zur Kanzlerschaft vor: Das eine ist die klassische Kanzlerfrage mit Nachfrage, wer am ehesten gewählt würde, wenn man den Kanzler direkt wählen könnte. Da liegt Faymann bei 28 Prozent und damit deutlicher als vor drei Wochen vor Spindelegger (19 Prozent) und Glawischnig (14 Prozent). Strache ist in dieser Fragestellung mit derzeit zwölf Prozent bereits seit Wochen nur noch an vierter Stelle.

Was passiert nach der Wahl?

Eine weitere Frage ist, was wohl tatsächlich bei Wahl und den folgenden Regierungsverhandlungen herauskommen wird. Market fragte: "Was glauben Sie - wer wird nach den Wahlen im Herbst Bundeskanzler in Österreich werden?" Darauf nannten 49 Prozent Faymann, aber nur 21 Prozent Spindelegger. Strache verpasst auch bei dieser Fragestellung die Duellsituation: Gerade zwei Prozent sehen in ihm den nächsten Bundeskanzler. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 1.6.2013)