Grado/Wien - Alkoholkranke in Österreich werden immer jünger. "Vor 20 Jahren war das Einstiegsalter für den Alkoholkonsum beim 15. Lebensjahr, jetzt liegt es beim elften bis zwölften Lebensjahr. Mit 16 Jahren haben schon 85 Prozent der Jugendlichen mehrfach Alkohol konsumiert und auch schon Rauscherfahrungen gemacht. Österreich ist da im internationalen Vergleich im Spitzenfeld", sagte der Ärztliche Leiter des Anton Proksch Instituts, Michael Musalek, bei den österreichischen Ärztetagen in Grado.

Die Zahl der Alkoholabhängigen in Österreich nimmt generell nach Jahren wieder merkbar zu. 350.000 Menschen sind derzeit betroffen. "Wir haben seit langem wieder Zuwachsraten", bestätigt Musalek. "Der ehemals 'problematische Gebrauch' von Alkohol wird jetzt als Frühstadium der Alkoholkrankheit angesehen. Das macht es möglich, diese Erkrankung frühzeitiger zu diagnostizieren und zu behandeln", so der Psychiater.

Immer mehr Frauen betroffen

Weiters gibt es bei der Alkoholabhängigkeit ein starkes Aufholen der Frauen. Musalek: "Beim Problemkonsum (und in der Folge bei den Abhängigen, Anm.) hatten wir vor 20 Jahren ein Verhältnis von Männern zu Frauen von vier zu eins. Derzeit liegen wir bei 3,2 zu eins. In 30 Jahren wird das Verhältnis zwei zu eins betragen."

Für alle Drogen gilt laut dem Experten folgende Formel: Entscheidend ist die Verfügbarkeit des Suchtmittels. Höhere Verfügbarkeit führe zu mehr Abhängigen. Musalek: "Und wenn wir Cannabis freigeben, werden wir mehr Abhängige haben. Wenn ich etwas verbiete, werde ich wiederum mehr Kriminelle haben. Die Politik hat die Wahl - 'produziert' sie mehr Abhängige oder mehr Kriminelle."

Doch der Alkohol stellt bei nicht kontrolliertem Gebrauch eine ganz spezifische Gefahr dar. Der Psychiater: "Alkohol ist eine Substanz mit relativ geringem Suchtpotenzial. Man muss schon lange und sehr viel trinken, um abhängig zu werden. Umgekehrt ist Alkohol das Suchtmittel, das die meisten Organschäden verursacht." Bei Heroin sei das umgekehrt - hohes Suchtpotenzial, aber viel weniger organische Schäden. (APA, 31.5.2013)