Mit Anleihen bei einem modernen Hollywood-Klassiker: das Plakatmotiv von "Das weite Land".

Foto: Kaja Dymnicki

Vor einem Poster mit dem wachsamen Gesicht Roy Scheiders offenbart sich den Zuschauern Unerhörtes: Der bekannte Pianist Alexei Korsakow ist ins Wasser gegangen, um seinem Leben ein Ende zu setzen. Unerhört deshalb, weil der Schnitzlers Tragikomödie Das weite Land vorantreibende Freitod eigentlich per Revolver auf dem Diwan erfolgte.

In der Bearbeitung von Kaja Dymnicki und Alexander Pschill, die in einem ehemaligen Architekturbüro in Wien-Mariahilf zu sehen ist, bekommen die amourösen Verwicklungen um den Glühbirnenfabrikanten Friedrich Hofreiter und dessen Gattin Genia jedoch einen maritimen Touch. Die Frage nach dem Warum bleibt allerdings unbeantwortet.

Das Konzept der Inszenierung sieht eine Zusammenführung des Klassikers von 1911 mit Steven Spielbergs Blockbuster Der weiße Hai vor, direkte Verweise auf den Film sind jedoch rar. Stattdessen wird anstelle von Zigarren Kaviar verschenkt, und der dritte Akt wird von den Alpen kurzerhand ans Meer verlegt, aus dem Aignerturm der Aignersund. Wer das Stück ausreichend memoriert hat, darf sich beim Identifizieren dieser Änderungen schmunzelnd auf die Schulter klopfen. Letzten Endes profitiert der Text davon aber nicht wirklich.

Auch andere Ideen wie die einer in der Pause begehbaren Praxis des mit den Hofreiters befreundeten Arztes Mauer sind durchaus witzig und machen die zweieinhalbstündige Aufführung recht kurzweilig, nehmen durch die beständige Ironisierung und die Herausarbeitung des Komischen aber insbesondere dem bitteren Finale viel von seinem tragischen Gewicht. Das ist doppelt schade, als die inszenatorische Volte, das Ehepaar Hofreiter als gemeinsame Sieger über ihre Liebeleien triumphieren zu lassen, zumindest interessant ist. Bis es so weit ist, spielt das junge Ensemble mit Vollgas.

Ljubisa Lupo Grujcic schlenkert als Friedrich in seiner überweiten Kleidung zwischen Screwball-Komik und Bedrohlichkeit wie ein Wolf aus der Feder von Tex Avery, Carola Pojers Genia strahlt bereits von Beginn an eine eigentümliche Aggressivität aus, und auch die meisten anderen Figuren scheinen stets kurz vor der Explosion zu stehen. Das böse Spiel des Ehepaars Hofreiter lässt sie jedoch schließlich alle untergehen. (wall, DER STANDARD, 31.5.2013)