Brüssel - Abgesehen von EU-Entscheidungen über Waffenembargos für bestimmte Länder gelten in der Europäischen Union allgemeine Kriterien für Waffenexporte. Sie sind in einem gemeinsamen Standpunkt des EU-Ministerrates von 2008 festgelegt. Österreich argumentiert, dass Waffenexporte an die syrische Opposition diese Bestimmungen verletzen würden.

In dem "gemeinsamen Standpunkt 2008/944" des Rates "betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern" verpflichten sich die EU-Staaten diverse Anträge auf Waffenexporte und damit verbundene Lizenzen, auch für Software und Technologietransfers über elektronische Medien auf die vereinbarten Kriterien zu überprüfen.

Insgesamt gelten acht Kriterien:

1. die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, insbesondere der vom UNO-Sicherheitsrat oder der Europäischen Union verhängten Sanktionen, der Übereinkünfte zur Nicht-Verbreitung von Atomwaffen und anderer internationaler Verpflichtungen

2. die Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts durch das Endbestimmungsland

3. die innere Lage im Endbestimmungsland als Ergebnis von Spannungen oder bewaffneten Konflikten

4. die Aufrechterhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in einer Region

5. die nationale Sicherheit der EU-Staaten sowie befreundeter und verbündeter Länder

6. das Verhalten des Käuferlandes gegenüber der internationalen Gemeinschaft, unter besonderer Berücksichtigung seiner Haltung zum Terrorismus, der Art von ihm eingegangenen Bündnisse und der Einhaltung des Völkerrechts

7. das Risiko der Abzweigung von Militärtechnologie oder Militärgütern im Käuferland oder der Wiederausfuhr von Militärgütern unter unerwünschten Bedingungen

8. die Vereinbarkeit der Ausfuhr von Militärtechnologie oder Militärgütern mit der technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Empfängerlandes, "wobei zu berücksichtigen ist, dass die Staaten bei der Erfüllung ihrer legitimen Sicherheits- und Verteidigungsbedürfnisse möglichst wenige Arbeitskräfte und wirtschaftliche Ressourcen für die Rüstung einsetzen sollten".

Österreichs Vorwürfe

Nach österreichischer Einschätzung wären im Fall Syriens vor allem die Kriterien zwei bis sieben relevant. So wird in einem österreichischen Positionspapier etwa darauf verwiesen, dass eine UN-Untersuchungskommission über Kriegsverbrechen von bewaffneten Gruppen gegen das Regime berichtet habe. Spezielle EU-Leitlinien würden nicht vorsehen, dass überhaupt Waffen an Oppositionsgruppen in bewaffneten Konflikten geliefert würden. Die syrische Opposition habe auch nicht erklärt, den Waffenstillstand mit Israel zu achten. "Die syrische Opposition arbeitet in Allianz mit verschiedenen Extremisten- und Terror-Gruppen", lautet ein weiterer Vorwurf Österreichs. Es gebe auch keine wirksamen Kontrollmaßnahmen gegen eine Weiterverbreitung der Waffen.

In ihrem Beschluss vom Montag heißt es, die EU-Staaten, welche Waffen an die syrische Opposition liefern wollten, würden "angemessene Garantien gegen den Missbrauch von Zulassungen" benötigen, "insbesondere relevante Informationen bezüglich der Endverbraucher und des Endziels der Lieferungen". Exportlizenzen dürften nur nach den entsprechenden EU-Kriterien von 2008 erteilt werden.

Verstoßen Großbritannien oder Frankreich gegen die Kriterien, könnte vor einem britischen oder französischen Gericht geklagt werden. Nach Auffassung des Europäischen Auswärtigen Dienstes gibt es aber keine rechtliche Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes in dieser Frage. Dessen Kompetenzen beschränken sich demnach auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit von Visa- und Kontensperren, gegen welche Einzelpersonen und Unternehmen klagen können. Die Auslegung und Umsetzung der EU-Waffenexportkontrolle ist damit im wesentlichen eine Angelegenheit der EU-Staaten. (APA, 28.5.2013)