Langsam aber doch schrillen die ersten Alarmglocken. Der Absturz der japanischen Aktien vergangene Woche ist nur ein Extrembeispiel dafür, was an Kapitalmärkten passieren kann, die von lockerer Geldpolitik berauscht sind. Über sieben Prozent Kapitalverlust an nur einem Tag – ohne nennenswerte News – sind dann durchaus möglich.
Doch der irre Sturz des Nikkei ist nur eines von mehreren Symptomen für einen heiß gelaufenen Markt. Es gibt noch eine Reihe anderer: Bei spekulativen Anleihen wie Hochzinspapieren geht es derzeit rasant bergab. Die Renditen fallen, die Risikoaufschläge fallen, die Bonitäten fallen, nur das Interesse von Anlegern steigt. Der Anteil von Krediten mit besonders laxen Vergabestandards ist aktuell sogar höher als vor der Kreditkrise 2007 (siehe FT). Die niedrigen Zinsen spiegeln für viele Analysten nicht mehr die Risiken ein, die auf Unternehmensanleihen schlummern.
Es ist daher nachvollziehbar, wenn Stephen King, der Chefökonom von HSBC davor warnt, dass Investoren den Bezug zur Realität verloren haben. "At the beginning of the year, there were high hopes that the world economy would be dragged out of its torpor thanks to the copious use of monetary drugs, recovery in the US and strength in China. Monetary drugs, however, appear to have hallucinatory effects." Konkret fürchtet King, dass sich die meisten Anleger vor allem vom zuletzt etwas schwächelnden China zu viel erwarten.
Warum konnte die Geldpolitik nur zu Halluzinationen von Wachstum führen? Dazu muss man die Frage beantworten, was sich denn die Zentralbanken dieser Welt von ihren Maßnahmen wie Anleihenkäufen erwarten. Sie hoffen auf den "Portfolio Channel", den Portfolio-Kanal, bei ihrer Politik. Der Ankauf von Wertpapieren soll deren Preise erhöhen und die langfristigen Zinsen senken. Das soll einerseits die Investitionen von Unternehmen fördern und andererseits den Konsum von Haushalten stützen (weil sie durch die höheren Vermögenspreise reicher geworden sind).
Doch das ist bis dato kaum passiert. Die negativen Effekte der Schuldenkrise überwiegen viele der möglichen monetären Unterstützung durch die Zentralbanken. Dazu kommt, dass die real bedeutsamen Kenngrößen, wie die Kreditvergabe der Banken, in vielen Fällen nicht mit der Geldpolitik mithalten. Das Geld ist damit zwar biillig, es kommt aber kaum an. Vielmehr erhöht es nur die wichtigsten Vermögenspreise. Aktien könnten daher nach den jüngsten Kurssteigerungen relativ zur ökonomischen Realität bereits zu teuer sein (Zeit).
Eines ist klar: viele Anleger dürsten nach mehr Liquidität von den Zentralbanken und sie wetten mit dem Kauf von Aktien direkt auf die Geldpolitik (Economist). Ob die aber immer spurt, ist fraglich. Denn wenn die Geldpolitik aktuell nur zu steigenden Kursen, aber nicht höherem Wirtschaftsprodukt führt, wird irgendwann die Sinnfrage zu stellen sein. Die Bedenken der US-Notenbank etwa, die vergangene Woche die Kurskorrektur mit ausgelöst haben, sind zwar noch zarte Pflänzchen auf dem Boden in Washington. Aber ein Markt, der nur auf mehr Unterstützung durch die Geldpolitik schielt, ist reif für eine Korrektur.