Monte Carlo - Reifenhersteller Pirelli und der Formel-1-Rennstall Mercedes haben im Vorfeld des Großen Preises von Monaco mit unangekündigten gemeinsamen Tests für Irritationen gesorgt. Wie am Sonntag bekannt wurde, testete Pirelli im Anschluss an das Rennen in Barcelona vor zwei Wochen auf dem aktuellen Mercedes-Boliden W04. Unter anderem sollen dabei die für den nächsten Grand Prix in Kanada (9. Juni) geplanten neuen Reifen im Einsatz gewesen sein. Gegen diese Vorgehensweise haben Sebastian Vettels Team Red Bull Racing und Ferrari offiziell Protest eingelegt. Das bestätigte der Automobil-Weltverband FIA am Sonntag.

Der dreimalige Weltmeister Niki Lauda, mittlerweile Vorsitzender des Aufsichtsrates im Formel-1-Team von Mercedes, räumt diesem Protest keine Chancen ein. "Ich wünsche ihnen viel Glück dabei", sagte der Österreicher im Gespräch mit Sky. Es habe nach dem Rennen eine offizielle Anfrage von Pirelli an einige Teams gegeben. "Wir haben daraufhin die FIA und Charlie Whiting (FIA-Renndirektor, d. Red.) gefragt, ob wir das dürfen, das wurde uns bestätigt", sagte Lauda: "Andere haben es verschlafen und regen sich jetzt auf."

Den Teams sind laut FIA-Reglement während der laufenden Saison nur eingeschränkte Geradeaus-Testfahrten oder Tests mit einem älteren Modell gestattet. Pirelli hatte den Rennstall nach Informationen von Motorsport-Total.com um die Tests gebeten, Motorsportdirektor Paul Hembery sieht darin keinen Regelbruch. "In allen FIA-Vereinbarungen steht, dass ein 1000-Kilometer-Reifentest gestattet ist", sagte Hembery: "Wir können jedes Team zu so einem Test einladen." Die Entscheidung für Mercedes sei passend gewesen, "denn sie verschleißen die Reifen stark".

Keine Details für Mercedes

Man habe in den drei Tagen unter anderem Dinge getestet, die möglicherweise auch beim nächsten Rennen am 9. Juni in Kanada relevant sein könnten. Allerdings habe man keinerlei Details an Mercedes rausgegeben: "Sie haben keine Ahnung, um was es eigentlich ging."

Noch am Sonntag wurden die Parteien zur Anhörung bei den FIA-Stewards zitiert, Mercedes-Teamchef Ross Brawn gab sich anschließend unaufgeregt. "Ich möchte nicht zu sehr ins Detail gehen, aber wir haben ihnen die Umstände dessen erklärt, was geschehen ist", sagt Brawn im Gespräch mit Sky Sports F1: "Ich bin mit dem, was wir gemacht haben, im Reinen."

Bei der Konkurrenz herrscht vor allem aufgrund des Vorgehens Verwunderung. "Grundsätzlich kann ich die Position von Pirelli verstehen", sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner: "Sie haben derzeit einige gute Gründe, um Reifen zu testen. Was mich enttäuscht, ist die Tatsache, dass dies nicht auf eine transparente Art und Weise passiert. Wenn ein Rennstall drei Tage lang Reifen ausprobiert, dann ist das für mich Testen und damit ein klarer Verstoß gegen die Regeln." Red Bull habe von den Tests erst "aus zweiter Hand" erfahren.

"Derzeit herrscht Verwirrung darüber, was vertraglich erlaubt ist und was eben nicht. Wir haben uns nun über die üblichen Kanäle erkundigt, wie das zu handhaben ist", sagte Horner. 

Stellungnahme der FIA

Die FIA betonte, dass beim Wunsch von Pirelli nach einem zusätzlichen Reifentest der sportlichen Fairness wegen dieser jedem Rennstall angeboten werden müsse. "Die FIA hat keine Bestätigung dafür erhalten, dass jedem Team die Chance gegeben worden ist, an diesem Test teilzunehmen", hieß es in der Stellungnahme des Weltverbandes.

Zudem habe man Pirelli und Mercedes darauf aufmerksam gemacht, dass ein solcher Entwicklungstest eventuell gegen das Team, das Fahrer und Auto zur Verfügung stellt, ausgelegt werden könnte. Das ist jetzt der Fall. Sollte tatsächlich das Tribunal entscheiden, stünde dessen Urteil laut FIA über allen von den Sportkommissären gefällten Sprüchen - und könnte damit Wochen später sogar das vorerst offiziell bestätigte Rennergebnis betreffen. (red/SID/APA, 26.05.2013)