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Stand immer wieder wegen nicht getätigter Umweltinvestitionen in der Kritik: das Stahlwerk Ilva der Riva-Gruppe mit rund 5000 Beschäftigten im süditalienischen Taranto.

Foto: Reuters/Nardi

Der Aufsichtsrat des größten italienischen Stahlkonzerns Ilva ist am Wochenende zurückgetreten. Grund ist die von der Staatsanwaltschaft Mailand veranlasste Beschlagnahme von 8,1 Milliarden Euro an Vermögenswerten der Ilva-Eigentümerfamilie Riva.

Die Richter begründeten die Beschlagnahme unter anderem damit, dass sie dem Wert nicht durchgeführter Investitionen entsprechen. Wie berichtet, hat die Unternehmerfamilie Riva es verabsäumt, vorgeschriebene Umweltschutzinvestitionen im Stahlwerk Taranto zu befolgen. Dadurch ist es zur Emission von Dioxin und anderen Schadstoffen gekommen, die gemäß einem Gutachten der Staatsanwaltschaft zu zig Todesfällen und Atemwegserkrankungen geführt hat.

Der Aufsichtsrat unter Vorsitz von Enrico Bondi kritisiert, dass mit der Beschlagnahme von Vermögenswerten kein Spielraum mehr vorhanden sei, Produktion und dringend nötige Investitionen zu stemmen. In den Riva-Stahlwerken sind 24.000 Arbeitsplätze in Gefahr, weitere 16.000 wackeln in der Zulieferindustrie.

Verhandlungen vereinbart

Für Italiens Wirtschaft kommt dies einer Zeitbombe gleich. Mit mehr als zwölf Prozent hat Italien im Frühjahr einen Arbeitslosenrekord verzeichnet. Riva ist mit den Ilva-Werken in der apulischen Hafenstadt Taranto der größte Arbeitgeber Süditaliens.

Die Regierung in Rom will zu Wochenbeginn mit dem Aufsichtsrat verhandeln. Angeblich steht eine Zwangsverwaltung der Riva-Stahlwerke zur Diskussion. Offensichtlich ist die Unternehmerfamilie nicht mehr gewillt und auch nicht imstande, den Betrieb fortzuführen. Angeblich haben sich bereits russische und chinesische Interessenten in Stellung gebracht, Rom scheint aber eine Zwangsverwaltung vorzuziehen.

Möglicher Zwangsverwalter

Der von der Vorgängerregierung Mario Montis eingesetzte Ilva-Chef Bondi hat bereits den maroden Parmalat-Konzern saniert und wird daher auch als möglicher Zwangsverwalter für den Stahlkonzern genannt. Dieser verzeichnete 2011 einen Umsatz von zehn Mrd. Euro und beschäftigte an den 36 Produktionsstandorten im In- und Ausland 24.000 Mitarbeiter. Damit ist Ilva der viertgrößte Stahlkonzern Europas.

In Italien selbst hat Riva fünf Standorte. Das Werk in Taranto steht seit Jahren im Zentrum der Kritik. Im Visier der Staatsanwaltschaft befinden sich nicht nur die Eigentümer und Manager von Riva, sondern auch zahlreiche Politiker, die angeblich bei den nötigen Kontrollen beide Augen zugedrückt haben. Inzwischen hat die Regierung eine Milliarde Euro freigemacht, um die dringendsten Investitionen umzusetzen. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, 27.5.2013)