Wien - So wie den vernunftbegabten Menschen der Handlungsgang von Wagners Ring des Nibelungen befremdet, so ängstigt ihn dessen Dimension. Um es mit Nietzsche zu sagen: "Diese Schrecken einflößende Länge in Zuständen, wo der Augenblick schon erwürgen will!" Wie dem begegnen? Mit Kürzungen, mit Komik. Loriot hat sich der herkulischen Aufgabe gestellt, Wagners Ring an einem Abend auf die Opernbühne zu bringen. Und siehe da: Striche und das gestrichene Geschehen erläuternde Zwischentexte machen die größte Tragödie aller Opernzeiten zur federleichten Komödie.

Vor zwei Jahrzehnten hat der Miniaturist seinen Wagner-Streich an der Volksoper persönlich präsentiert, nun übernahm Robert Meyer dessen Part. Dem feinen Tonfall Herrn von Bülows lässt der Hausherr einen verwechselbareren Sprachduktus folgen, erzählend etwa, wie sich Siegfried in der Götterdämmerung mit Schwert, Tarnkappe "und einer Unzahl von Leitmotiven" auf Wanderschaft begibt und einen Wald durchstreift, "falls das ein zeitgenössischer Bühnenbildner zulässt".

Zwischen den Zwischentexten gibt's Musik, Teile des Volksopernensembles singen befrackt und beabendkleidet sowie ein wenig dazu engagierte Künstlerschaft: die durchsetzungskräftige Irmgard Vilsmaier (als Brünnhilde), der sanft strahlkräftige Endrik Wottrich (als ihr Neffe Siegfried).

Das männliche Hauspersonal setzt mehrheitlich auf demonstrativen Kraftgesang (Sebastian Holecek als Wotan, Martin Winkler als Alberich, Alexander Trauner als Gunther), das weibliche (Caroline Melzer, Ursula Pfitzner) weiß sich wie im echten Leben eleganter, vielschichtiger, gewinnender zu präsentieren. Jac van Steen, sonst in Dortmund beschäftigt, müht sich, das brave Volksopernorchester in die ekstatischen Welten Wagners hochzupeitschen. Beglückter Applaus. (Stefan Ender, DER STANDARD, 25./26.5.2013)