Wien - Wegen Wagners Parsifal - wenn auch wahrscheinlich nicht nur wegen ihm - und durch seine während der Aufführung des Bühnenweihfestspiels erlittene Verletzung hatte Franz Welser-Möst seit Ostern pausieren müssen.

Mit Wagners Ring des Nibelungen kehrt der Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper nun zurück und darf dabei in Fortsetzungen triumphieren. Der sogenannte zweite Tag des Bühnenfestspiels, also sein dritter Teil, zeigte das Orchester in Höchstform und den Dirigenten auf dem Höhepunkt seiner Fähigkeiten.

Mag sein, dass der Siegfried als das "Scherzo" der gigantischen "Sonate" , als die der Ring bisweilen interpretiert wird, Welser-Möst und seiner effizienten Probenarbeit besonders entgegenkommt. Jedenfalls waren am Sonntag vor allem die pointierten Rhythmen aus Mimes Schmiedewerkstatt und die Laute der Tierwelt im zweiten Akt, sei es Lindwurm oder Waldvogel, bei ihm durch seine absolut verlässliche Akribie in den besten Händen.

Auch bei den kontrapunktisch verdichteten Passagen und allen flirrenden Klangoszillationen griffen Welser-Mösts gleichsam objektivierte Realisationen der Partitur unter Zurücknahme des individuellen Anteils des Interpreten bestens. Erst im dritten Akt, während der Liebesszene zwischen Siegfried und Brünnhilde, ließ die Spannung etwas nach, wohl weil die Musik dort über das, was in den Noten steht, hinaus gestaltet und mit zusätzlicher Emphase erfüllt werden muss, um ihr ganzes Potenzial zu entwickeln.

Hier war freilich Nina Stemme mit strömend kontrollierten Gefühlswallungen der Sonderklasse zur Stelle, während Stephen Gould in der Titelpartie seinen Kraftakt fortsetzte, der freilich nie nach Kraftakt klang, sondern stets frisch und frei. Außer dem Kurzzeitliebespaar sowie dem markigen Ain Anger (Fafner) und der etwas herben Anna Larsson (Erda) sangen alle ihre Parts hier zum ersten Mal: Iride Martinez gab einen aparten Waldvogel, Gerhard A. Siegel einen geschickt Schwierigkeiten humoristisch entschärfenden Mime, Wolfgang Bankl einen grimmigen Alberich. Und Tomasz Konieczny ist zu einem formidablen Wanderer gereift.

So sind also an der Staatsoper tatsächlich so etwas wie Festspiele ausgebrochen. Nach der Götterdämmerung am Mittwoch ist dieser Ring allerdings auch schon wieder zu Ende; die Walküre wird am 16. und 23. Juni nochmals in teilweise anderer Besetzung (Dirigent: Peter Schneider) gegeben. (Daniel Ender, DER STANDARD, 21.5.2013)