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Griechenland in der Krise, 2012: Bürger kämpfen um von Bauern abgegebenes Gratisgemüse. Laut Amnesty verstoßen manche sozialen Härten gegen Menschenrechte.

Foto: Reuters/Behrakis

Wien - Manche Härten der Sparpolitik in Europa und anderswo würden verbrieftes Menschenrecht verletzen: so weit Amnesty-Österreich-Generalsekretär Heinz Patzelt am Mittwoch bei der Vorstellung des Jahresberichts 2013 der internationalen Menschenrechtsorganisation in Wien.

"Auch wenn Staaten gegen die Pleite ankämpfen und gezwungen sind, einschneidende Maßnahmen zu setzen, sind sie aufgrund sozialer Menschenrechte verpflichtet, Mindeststandards sozialer Versorgung aufrechtzuerhalten", sagte Patzelt und zählte auf: Zu garantieren sei etwa ein Dach über den Kopf und genug zu Essen, Schulpflicht bis 15 Jahre sowie lebenswichtige medizinische Versorgung.

Nur in Ansätzen sei dem im vergangenen Jahr etwa in Spanien Folge geleistet worden. Unter dem Eindruck einer Selbstmordwelle nach Delogierungen, weil Wohnungseigentümer ihre Hypothekarkredite bei Banken nicht mehr bedienen konnten, hätten dort manche Gemeinden ein Räumungsverbot beschlossen, solange es keinen Wohnersatz gibt.

Griechisches Versagen

Während im krisengeschüttelten Griechenland vielfach Versagen beim Schutz vor Verarmung herrsche: "Rentner mussten, obwohl sie sozialversichert sind, für ihre lebenswichtigen Medikamente auf einmal zahlen, weil die Krankenkassen den Apotheken kein Geld mehr überwiesen."

Und auch mit Protesten gegen Auswirkungen der Sparpolitik sei in Griechenland menschenrechtswidrig umgegangen worden: "Als Gymnasiallehrer gegen die Aufstockung ihrer Stunden streiken wollten, reaktivierte die Regierung ein Sondergesetz für Naturkatastrophen und Kriegszeiten: Wer streikte, konnte angezeigt sowie, wurde er oder sie verurteilt, auch suspendiert werden."

Durch derlei Vorgehen, so Patzelt, werde viel riskiert: "Halten Regierungen und EU nicht die sozialen Menschenrechte ein, so ist Europa als Zone der Sicherheit und Demokratie akut bedroht."

Eine schleichende Demontage der Demokratie bescheinigt der Amnesty-Bericht Ungarn. Dort drohe infolge der inzwischen vierten Verfassungsänderung ein weiterer Rückschritt.

Ungarn: Roma unter Druck

Wohnungslose Menschen würden kriminalisiert. Die Minderheit der Roma werde eingeschüchtert: Für 2012 listet der Bericht vier gröbere Vorkommnisse auf. Unter der Regierung Ministerpräsident Viktor Orbáns würden zudem kritische Journalisten entlassen, kritische Medien mit Geldstrafen für oft dubiose Tatbestände konfrontiert. Patzelt: "Und die EU erhebt bei jeder weiteren Ungeheuerlichkeit nur weichen Protest. Das muss sich ändern."

Um die Meinungsfreiheit ist es laut Amnesty aber auch in Russland schlecht bestellt. Auf die, laut Bericht, "Zunahme der gewaltfreien Proteste im Land" reagiere Präsident Wladimir Putin mit Repression, vor allem gegen NGOs. (Irene Brickner, DER STANDARD, 23.5.2013)