Bild nicht mehr verfügbar.

Kühltürme eines Atomkraftwerks in Frankreich: Paris drängt darauf, dass die Europäer auch verstärkt auf Nuklearenergie setzen.

Foto: Reuters
Grafik: Der Standard

Oft sind es ganz kleine Formulierungen, nur wenige Worte in den EU-Dokumenten, die ganze Welten von unterschiedlichen politischen Ansichten der Staaten markieren - oder auch zu verbergen suchen, je nachdem, wie man es betrachtet. So wird es auch heute, Mittwoch, sein, wenn sich die Staats- und Regierungschefs der Union in Brüssel zu einem Sondergipfel treffen, der ganz dem Energiethema (und daneben der Steuerflucht) gewidmet sein wird.

Eine Kernfrage dürfte sein: Kommt es zwei Jahre, nachdem staatliche Förderungen in Europa ganz auf erneuerbare Energien, auf Nachhaltigkeit, auf eine "Vorreiterrolle" beim Klimaschutz ausgerichtet wurden, zu einer Renaissance der Nuklearenergie in der EU? Gefördert wird bisher nur die Forschung dazu, nicht aber der Kraftwerksbau. Frankreich und Großbritannien drängen darauf, dass sich das ändert. Ursprünglich sollte es nur darum gehen, alle Möglichkeiten zu überprüfen, wie man mit gestärkter gemeinsamer Energiepolitik aus der Krise kommt, mehr Wachstum wie auch Arbeitsplätze schaffen könnte. Das geht zumindest aus der Einladung des Ständigen Ratspräsidenten Herman Van Rompuy hervor.

Einzelvorschläge

Die Länder wie die Kommission haben dazu seit Wochen viele Einzelvorschläge zusammengetragen: Es gelte, den Energiebinnenmarkt zu vollenden, Preise zu senken, Verbrauchereffizienz zu erhöhen, aber auch um eine "Diversifizierung" der Energiequellen, etwa wie man mit dem Abbau des umstrittenen Schiefergases umgehe, heißt es in mehreren Dokumenten, die dem Standard vorliegen. Der Grundsatz, dass die Wahl des " Energiemix" den Nationalstaaten vorbehalten bleibt, soll nicht angetastet werden.

Mehrfach wird der weitere Ausbau von erneuerbarer Energie und die Wichtigkeit der Klimaschutzziele angesprochen. Die Industrie drängte darauf, dass Energie vor allem billiger werde. Nur so lasse sich mehr Wettbewerbsfähigkeit erzielen. Die Kommission wird von den Regierungschefs beauftragt, bis Anfang 2014 ein Maßnahmenpaket für das weitere gesamthafte Vorgehen vorzulegen.

Für den größten Sprengstoff dürfte dabei Punkt 5, Absatz c des Gipfeldokuments sorgen. Darin wird die Kommission aufgefordert, die Regeln für staatliche Beihilfen zu überprüfen, die es erlauben, " zielgerichtete Maßnahmen" zu setzen, um "Investitionen in Energie und Umweltschutz" zu ergreifen. Bis zuletzt wurde um diesen Passus gerungen. In früherer Fassung war dabei noch explizit von "low carbon", treibhausgasarmen Energieformen die Rede. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als Atomstrom, der in den Augen der großen Produzenten in Frankreich, Großbritannien sehr umweltfreundlich ist - und billig obendrein.

Länder wie Österreich, die Kernkraftwerke strikt ablehnen, drängten auf die weichere Formulierung. Oberösterreichs Umweltlandesrat Rudolf Anschober warnt davor, dass dies nicht reiche, der geplante Ausbau des AKW Temelín neuen Schub (und Förderung) kriegen könnte. In der Regierung wird das bestritten, an der geltenden Praxis ändere sich nichts. Genau wissen wird man das, wenn die Kommission ihre neuen Leitlinien präsentiert: 2014. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 22.5.2013)