Innsbruck - Wenn Eis schmilz, ändert sich die physikalische Ordnung der Materie - Physiker sprechen von einem Phasenübergang. Einen ähnlichen Vorgang haben nun Innsbrucker Physiker in der Quantenwelt beobachtet. Ein System wechselt dabei zwischen Quantenmechanik - quasi der Eisblock - und der klassischen Physik, was dem Tauwasser entspricht. Die Wissenschafter nutzen dazu einen Quantensimulator, berichten sie in der neuen Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature Physics".

Die Innsbrucker Physiker um Rainer Blatt und Peter Zoller arbeiten bei dem Experiment mit in Fallen gefangenen Ionen. Diese werden mit Hilfe von Lasern auf eine spezielle Art gekühlt, sodass sie schlussendlich in einen kohärenten, verschränkten Zustand kommen. In dieser Konstellation bleiben zwei oder mehrere Teilchen über beliebige Distanzen wie miteinander verbunden. Was immer man mit einem Teilchen tut, beeinflusst auch den Zustand der anderen Teilchen.

Der Experimentalphysiker Thomas Monz von der Universität Innsbruck vergleicht das in Ionen realisierte Experiment mit Murmeln in den Mulden eines Eierkartons. Aufgrund der Gesetze der Quantenphysik können die Murmeln in diesem kalten, kohärenten Zustand zwischen den Mulden hin- und hertunneln, also gleichsam durch Wände gehen. Wird dieser fragile quantenmechanische Zustand gestört, vergleichbar mit dem Erwärmen des Systems, kommt es zu einem bisher noch nie beobachteten Übergang zwischen zwei quantenmechanischen Ordnungen, vergleichbar eben mit dem Phasenübergang zwischen fest und flüssig. Im weitesten Sinn kann man auch von einem Phasenübergang von der Quantenphysik in die Welt der klassischen Physik sprechen.

Auf andere Systeme anwendbar

Der verschränkte, kohärente Grundzustand dieses Ionenexperiments sei äquivalent zu verschiedenen anderen Zuständen, etwa einem Bose-Einstein-Kondensat, erklärte Monz. "Auf den ersten Blick würde man sagen: Wen interessiert unsere Realisierung in diesem doch eher kleinen System? Doch die untersuchte Physik bzw. das Modell ist auf viele, unterschiedlichste Systeme anwendbar. Daher sind unsere Beobachtungen auch für andere Bereiche interessant", so Monz.

Um die komplexe Physik quantenmechanischer Phasenübergänge zu untersuchen, haben die Wissenschafter einen Quantensimulator verwendet. Dieser funktioniert ähnlich wie ein Quantencomputer und kann physikalische Phänomene nachbilden, die im großen Maßstab kein klassischer Rechner simulieren kann.

Das Experiment verlangt enorme Präzision, weshalb es notwendig ist, allfällige Rechenfehler sofort zu korrigieren, um die physikalischen Prozesse korrekt simulieren zu können. Da jedoch all-umfassende Fehlerkorrektur mit enormem technischem Aufwand verbunden ist, wählten die Innsbrucker Physiker einen anderen Weg. Sie identifizierten die wichtigsten Fehlerquellen während der Simulation und gingen gezielt gegen solche Fehler vor. "Diese Art der Fehlerreduktion wird sicher Vorbildwirkung für weitere Experimente haben", ist der Erstautor der Arbeit, Philipp Schindler, überzeugt. (APA/red, derStandard.at, 25.05.2013)